Donnerstag, 5. November 2020

Kinder an die Macht?

Mein Gewicht heute morgen, zu Beginn des letzten von vier Fastentagen: 95,9 Kilogramm. Das entspricht in etwa meinen Erwartungen; wo ich morgen landen werde, lasse ich mich überraschen. Günstigenfalls liege ich ein wenig unter 95 Kilogramm, aber es kann auch knapp darüber sein. Daß ich von einem neuen Niedrigstwert weit entfernt bleiben werde, ist der Preis für das einwöchige Aussetzen, aber ich bezahle ihn gerne; der Besuch bei meiner Mutter war mir wichtig. Wer weiß, ob es an Weihnachten wieder klappen wird ...

Aus der Rubrik: "Pläne funktionieren nie": 

Nunmehr steht fest, daß mein Mann schon ab der dritten Dezemberwoche Urlaub haben wird (in der ich eigentlich auch ein viertägiges Fastenintervall einlegen wollte), weil er dieses Jahr zu wenig Urlaubstage verbraucht hat und sie bis Ende des Weihnachtsurlaubs verbrauchen muß. Das lange Fastenintervall ziehe ich auf die zweite Dezemberwoche vor. Danach folgen entweder vier oder fünf Wochen mit zwei Fastentagen je Woche, die ich mehr oder weniger elegant um die Feiertage herumkonstruiert habe. Daß ich noch nicht sicher weiß, wann ich im Januar mein erstes viertägiges Fastenintervall einlegen werde, liegt daran, daß der Schichtplan meines Mannes nach dem Weihnachtsurlaub noch unklar ist. Ich hoffe ja sehr darauf, daß der alte Zweischichtbetrieb dann wieder aufgenommen wird, und dann lege ich solche langen Fastenintervalle wieder in seine Spätschichten. Also kommt es dann darauf an, ob er im Januar mit Früh- oder Spätschicht anfangen muß. (Über die Möglichkeit einer neuerlichen Vier-Wochen-Einteilung denke ich lieber gar nicht erst nach ...)

Heute nacht hat er seine letzte Nachtschicht, und wir sind beide erleichtert darüber. Jetzt folgen vier Wochen Frühschicht, und was in der letzten Woche vor seinem Urlaub folgen wird, müssen wir uns überraschen lassen. Vielleicht fügt es sich ja, daß es eine Spätschicht wird, das käme mir gelegen. 

Aus der Weltpolitik: 

Zu denken gibt mir gerade die US-Wahl, deren Ausgang, Stand 5.11., 14.30 Uhr, immer noch offen ist, auch wenn sich mittlerweile abzeichnet, daß es vermutlich für Joe Biden reichen wird. Eigentlich hätte das aber eine Art Erdrutschsieg für ihn werden müssen - immerhin konnten die Amerikaner Donald Trump vier Jahre lang im Amt und nicht zuletzt auf Twitter besichtigen und sich auch in der Corona-Krise ein Urteil über seine Führungsqualitäten bilden. Daß nahezu die Hälfte von ihnen einen gemeingefährlichen Irren mit der Impulskontrolle eines verzogenen Dreijährigen in dieses Amt wählt, obwohl jeder sich spätestens in der Corona-Krise von seiner mangelnden Tauglichkeit für so ein Amt überzeugen konnte, zeigt meiner Meinung nach, daß die USA ein tiefgreifendes gesellschaftliches Problem haben. Ob Joe Biden es auch nur ansatzweise lösen kann? Ob das Problem überhaupt von genügend Demokraten begriffen worden ist? Die Beharrungskräfte der Vertreter eines "Weiter so" im politischen Amerika sind erstaunlich und enttäuschend. Schon Trumps Wahl vor vier Jahren war ja eigentlich ein unüberhörbarer Warnschuß.

Falls Trump sich am Ende durch Schummeln (wie der gezielten Sabotage der Briefwahl), juristische Tricks oder gar eine simple Weigerung, das Weiße Haus zu verlassen, aber doch behaupten kann, sind die USA meiner Meinung nach sowieso in ihrer derzeitigen wirtschaftlichen und weltpolitischen Rolle am Ende. Die Workarounds, die der Rest der Welt um die USA herum gebastelt hatten, sind bislang wahrscheinlich größtenteils nur provisorisch und vieles wurde in der Erwartung, daß Trump eine vierjährige Episode bleiben würde, ja auch hinausgezögert. Aber ich nehme an, die Pläne für den Ernstfall liegen bereits in den Schubladen. Wo Verbindungen loser oder ganz gekappt werden, verliert jedes Land, egal wie groß und wirtschaftlich bedeutend, an Relevanz - wir leben immerhin in einem Zeitalter der Vernetzung. Das globale Netz wird ein US-förmiges Loch ausbilden. Kurzfristig tut das allen weh, aber mittelfristig sind die Amis die Gelackmeierten dabei. 

Nun ja, alle Weltreiche endeten irgendwann einmal, und das Jahrhundert der Amerikaner neigt sich sowieso seinem Ende entgegen. Trotzdem ist es eine unangenehme Vorstellung, einen Donald Trump weiter in der Weltpolitik herumtrampeln zu lassen wie einen Elefanten im Porzellanladen. Immerhin verfügt er über diesen Atomkoffer, und den möchte ich keinem launischen Elefantenbaby anvertraut wissen. 

Ich mochte Herbert Grönemeyers "Kinder an die Macht" noch nie, und als ich selbst ein Kind hatte, das im Heranwachsen war, fand ich es von Jahr zu Jahr gruseliger. Seit mir klar wurde, daß Trump sich wie ein schlecht erzogenes Kind aufführt, hört es sich für mich noch einmal anders an.

Sie sind die wahren Anarchisten
Lieben das Chaos, räumen ab
Kennen keine Rechte, keine Pflichten
Noch ungebeugte Kraft
Massenhaft
Ungestümer Stolz
Gebt den Kindern das Kommando
Sie berechnen nicht was sie tun
Die Welt gehört in Kinderhände
Dem Trübsinn ein Ende
Wir werden in Grund und Boden gelacht
Kinder an die Macht

So einen Bockmist kann doch nur ein Kinderloser fabrizieren. Kinder sind nicht zwangsläufig süß und nett, sie leben auch bösartige Neigungen hemmungslos aus, wo man es zuläßt. Ob das aus ihnen selbst heraus kommt oder eine Folge schlechter Erziehung ist, spielt keine Rolle, wenn es um die Frage "Kinder an die Macht" geht, weil die Wirkung in beiden Fällen gleich ist. Wer sich dem unbedingt aussetzen möchte, hatte vier Jahre lang Gelegenheit, es zu tun, nämlich als US-Bürger.

Die besonders unangenehme Mischung aus verzogenem Kleinkind und Mafia-Pate zeigte sich auch in Trumps Forderung während der Wahlnacht, die Stimmenauszählung zu stoppen, da er ja sowieso gewonnen hätte. Ich gestehe: Ich war darüber so wenig überrascht, daß ich mich nicht einmal zu Empörung durchringen konnte, denn dies entsprach seiner typischen Reaktion, wann immer irgendetwas nicht nach seinem Willen geht. Und darin sind wir ihm ähnlicher, als wir es uns gerne eingestehen. 

Hand aufs Herz, wer von uns hatte nicht schon einmal ähnliche Gedanken, etwa bei einem Fußballspiel, wenn die unterlegene eigene Mannschaft überraschend in Führung gegangen ist? Jetzt müßte der Abpfiff kommen! Aber von denen, die so etwas denken, spricht es nur eine Minderheit überhaupt aus, und auch unter denen kommen nicht einmal Fünfjährige auf die Idee, daß der Abpfiff wirklich erzwungen werden könnte. Dazu braucht es ein Kleinkind, das den Sinn von Spielregeln noch nicht begriffen hat, oder einen Kriminellen, der die Mittel hat, sie auszuhebeln. Trump ist beides zugleich. Nach vier Jahren Präsidentschaft hat Trump das Amt zu dem eines Mafia-Paten ausgebaut, der viele Möglichkeiten hat, die demokratischen Institutionen zu bekämpfen, wann immer sie einer seiner oft ausgesprochen kindischen Launen im Weg stehen. Vier Jahre lang hat das System zwar geächzt, aber doch gehalten. Ob es weitere vier Jahre auch noch überstehen würde? Ich hoffe, es kommt nicht zu einem Praxistest.

Was auch immer man im einzelnen an Joe Biden auszusetzen haben könnte, er ist in diesem Fall die klar bessere Wahl, auch aus Perspektive des Rests der Welt betrachtet.

Neues von der Corona-Front:

Hier kann man den Verlauf von Beda M. Stadlers angeblich harmloser Erkältung, zu der Corona in der zweiten Welle mutieren sollte, in der Schweiz bestaunen: 

und:


Ich glaube, bis zum Frühjahr muß Stadler nicht mehr warten, um öffentlich einzugestehen, daß er sich mit seiner Prognose vom Sommer geirrt hat, was er als seriöser Wissenschaftler auch tun sollte. Und zwar möglichst bald, weil ihm klar sein muß, daß alle möglichen Verschwörungstheoretiker sich weiterhin auf seine Meinungsäußerung vom Sommer berufen. Niemand, der guten Glaubens einem wissenschaftlichen Irrtum unterliegt - was keine Schande ist -, ist davor sicher, daß sein Irrtum zur Desinformation mißbraucht wird. Aber es ist meiner Meinung nach eine Frage der wissenschaftlichen Integrität, des Verantwortungsbewußtseins und schlichten menschlichen Anstands, dem entgegenzutreten, sofern man widerlegt worden ist - und genau das ist Professor Stadler ja passiert. Dazu brauchte es in diesem Fall auch gar keinen anderen Wissenschaftler, sondern bloß die Realität.

Ich halte nach einer entsprechenden Äußerung Stadlers Ausschau, aber bislang ist er über diesen Schatten offenbar noch nicht gesprungen. Ob er sich dazu überwindet oder nicht, davon hängt es ab, ob ich ihn weiterhin für satisfaktionsfähig halten kann. Ich bin ja nur ein Laie und kann gegen sein Fachwissen nicht anstinken, aber über sein Verhalten in dieser Situation darf ich mir mit allem Recht ein Urteil erlauben.

Was Stadlers Coronaschnupfen mit der US-Wahl verbindet: 

Der gemeinsame Nenner sind Zahlen. Zahlen, die vorschnell mit der Realität verwechselt wurden. Die Infektionszahlen und die der Corona-Todesfälle in der Schweiz sahen im Sommer lange Zeit beruhigend aus (bei uns ja ebenfalls) und verführten dazu, die Gefahr nicht mehr ernst zu nehmen. US-Wahlumfragen lagen in einigen wichtigen Bundesstaaten (Texas, Florida ...) meilenweit neben dem tatsächlichen Ergebnis, und das ist nach 2016 schon zum zweiten Mal passiert. Falls sich nicht auch in diesen Bundestaaten nachträglich noch herausstellen sollte, daß eine solche Menge Briefwahlstimmen von der US-Post zurückgehalten wurde, daß sie das Ergebnis auf den Kopf stellen (was nicht völlig unmöglich, aber doch eher unwahrscheinlich ist), würde ich für das Konzept der Demoskopie eine Grundsanierung empfehlen. Niemand braucht schließlich Prognosen, die sich regelmäßig als falsch herausstellen. 

Da ich morgen wieder essen werde, kann ich langsam damit anfangen, mir darüber Gedanken zu machen, was ich gerne essen will. Es wird wohl wieder auf einen Salat zum Einstieg im Lauf des morgigen Nachmittags hinauslaufen. In meinem Kühlschrank habe ich als geeignete Salatzutaten gerade, soweit ich weiß, Rettich und Karotten und einen Rest Feta. Dazu einen geraspelten Apfel und meine letzten Walnüsse, außerdem natürlich Creme fraiche und Olivenöl. Hört sich gut an? Finde ich auch.



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