Montag, 12. Juni 2023

"Beginnend adipöser Ernährungszustand"

Mein Gewicht heute früh am Tag des ersten viertägigen Fastenintervalls seit fast drei Monaten: 84,5 Kilogramm, ungefähr das, womit ich gerechnet hatte - und ein guter Start, wenn man am Freitag zum zweiten Mal die 80-Kilo-Grenze unterschreiten und dabei idealerweise auch noch ein neues Tiefstgewicht verbuchen möchte. Umso irritierter war ich über das Fax, das gestern, am heiligen Sonntag, von der Kardiologin, über die ich sonst ja nur Gutes zu berichtet hatte, an mich geschickt worden war, ein Exemplar ihres Berichts an meinen Hausarzt, in dem sie, sachlich so unrichtig wie außerdem nicht gerade taktvoll, meinen Ernährungszustand als "beginnend adipös" mit 86 Kilogramm (mein Gewicht bei meinem ersten Besuch bei ihr im letzten Herbst) bezeichnete. 

Beim Lesen des Dokuments habe ich ihr erst mal zehn überzählige Kilos nach Geburt ihres Kindes an den Hals gewünscht. Denn meinen nächsten Termin habe ich bei einem Kollegen von ihr, weil sie ab August in Elternzeit ist.

Aber das war bestimmt zu gehässig von mir. Immerhin konnte die Ärztin ja auch nicht ahnen, daß ich schon letzten Herbst mitnichten eine beginnende, sondern eine endende Adipositas hatte und jetzt, bereits jenseits des betreffenden Äquators, längst als Ex-Adipöse in aller Gemütsruhe weiter in Richtung 73,5 Kilogramm weitersegle. Von dort aus kann ich ihr dann ja gönnerhaft zuwinken, falls ihr Gewicht nach der Geburt ihres Kindes - was ja schon ganz anderen Leuten passiert ist - das meine überklettert haben und dauerhaft auf einem höheren Niveau verharren sollte. Falls sie mich nett fragt, gebe ich ihr dann natürlich gerne den einen oder andern Tip, wie sie ihr altes Gewicht wiedererlangen kann. Dann muß sie mir nur noch glauben - was für eine Ärztin allerdings eine schwer zu überkletternde Hürde sein kann. ;-)

Ich frage mich ernsthaft, worüber ich mich alles in solchen Arztbriefen und womöglich auch der persönlichen Ansprache in Arztpraxen hätte ärgern müssen, wenn ich mit 95 Kilogramm (Ende September 2021), mit 116 Kilogramm (Ende September 2018) oder gar mit den ursprünglichen 147 Kilo Lebendgewicht (20. März 2017) zur Krebspatientin geworden wäre. Auch so was wie Glück im Unglück, daß ich bereits in einem Gewichtsbereich war, den jemand, der keine Ahnung hat, von welchem Gewicht ich hergekommen bin, als "beginnend adipös" betrachtet, weil jemand, der adipös ist, ja im Lauf der Zeit immer nur noch adipöser werden kann ...

Ach ja, daß meine Pumpe pumperlgesund war, erwähne ich vorsichtshalber lieber auch noch einmal.

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Nein, ich bin noch nicht soweit für den Artikel über Professor Seyfrieds Erkenntnisse zur Krebsentstehung und den daraus resultierenden Therapievorschlägen - aber ich muß sagen, vieles davon kommt mir schon jetzt im Großen und Ganzen plausibler vor als die derzeitigen Vorstellungen. Was mich aber sehr verwundert, ist, daß er in der Low-Carb-Szene nicht schon seit Jahren viel stärker gehypt wird, und ebenso, daß sogar Jason Fung ihn in seinem Krebs-Buch kein einziges Mal erwähnt hat, obwohl es zwischen beider Theorien richtig große Überschneidungen gibt. Mir war sein Name tatsächlich zuvor noch nie irgendwo aufgefallen, und ich bilde mir eigentlich ein, die "üblichen Verdächtigen" inzwischen ganz gut zu kennen.

Es ist aber schon erstaunlich, wie viele unterschiedliche Krankheiten mit ketogener Ernährung behandelt werden können, und dies, so hat es jedenfalls den Anschein, auch gar nicht so selten sehr erfolgreich. Neben Adipositas und sämtlichen Folgekrankheiten von Diabetes aufwärts betrifft das neurologische und sogar psychische Erkrankungen, von Epilepsie bis Depressionen. Und auch bei Krebs scheint es eine mindestens ergänzende Therapieoption zu sein, auch wenn das der medizinische Mainstream einstweilen noch nicht wahrhaben möchte. Wenn ich so darüber nachdenke: Ein ziemlich großer Teil der sogenannten "nicht übertragbaren" Krankheiten, die den Patienten ja immer so gerne als Folge eigenen Fehlverhaltens die Schuhe geschoben werden, könnten, wenn man näher hinschaut, eigentlich Stoffwechselerkrankungen sein und insgeheim etwas mit - auch durch Fachleute - weit verbreiteten Fehlannahmen im Ernährungsbereich zu tun haben. Und letztlich sind die unnötigerweise damit heraufbeschworenen Gesundheitsprobleme sicherlich auch noch für einen zusätzlichen Teil der psychischen Probleme ohne direkten Stoffwechselbezug mitverantwortlich.

Was für eine Provokation ist das außerdem auch aus sich selbst heraus für die aktuelle Ernährungsideologie! Und das sogar in doppelter Hinsicht. Denn die Hüter der vermeintlichen Wahrheiten behaupten ja nicht nur weiterhin zu einem großen Teil, das gesundheitliche Heil läge in möglichst geringem Fleischkonsum, sondern außerdem noch, wir alle müßten mit einer "pflanzenbetonten" Ernährung nicht nur unsere Gesundheit, sondern auch den Planeten retten. Ich halte das, kurz gesagt, für ausgemachten Unsinn, warum, habe ich schon oft genug geschrieben und spare mir jetzt eine Wiederholung. Aber angenommen, die Welt müßte wirklich durch einen möglichst weitgehenden Verzicht auf Fleisch und Fleischprodukte gerettet werden, dann würde das, soweit ich das mittlerweile glaube seriös beurteilen zu können, die Gesundheit mindestens eines Teils der Retter eher noch mehr gefährden. Das gilt vor allem, wo "pflanzenbasiert" gleichzeitig "hochverarbeitet" bedeutet - wie das auf viele der aktuell so gehypten Fleischersatzprodukte auch zutrifft. 

Irgendwo las ich kürzlich einmal den Einwand, auch Wurst sei ja ein hochverarbeitetes Produkt. Was für ein Fehlschluß darin verborgen liegt, erkennt man, wenn man antwortet: Jede selbstgekochte Mahlzeit aus unverarbeiteten Zutaten ist nach solchen Maßstäben auch ein hochverarbeitetes Produkt. Das Problem ist nicht die Anzahl der Zutaten und die Verarbeitung als solche, sondern die industrielle Verarbeitungsart. Wurst kann ich auch selbst herstellen, wenn ich will, ich habe dafür schon Rezepte gesehen, und ich könnte sie sogar - in Gläsern oder Dosen - mit relativ geringem Aufwand haltbar machen. Sie ist aber trotzdem nicht auf die Weise hochverarbeitet wie das Zeug, das man im Discounter kauft. Daß es bei so etwas außerdem nicht nur auf die Inhaltsstoffe ankommt (obwohl das ein Teil des Problems sein kann), sondern auch auf die Verarbeitungsart, hat mir auch der Mitpatient im Krankenhaus gezeigt, dessen Blutzuckerspiegel auf Brot und Brötchen aus vorgefertigten Teiglingen ganz anders reagiert als auf dieselbe Art von Backwaren von einem handwerklichen Bäcker.

Es gab da mal ein satirisches Chanson von Georg Kreisler über den Wert des Menschen, errechnet von einem Chemiker auf Basis der Kosten seiner chemischen Inhaltsstoffe. Denselben Denkfehler machen die Ernährungswissenschaftler in Ernährungsfragen die ganze Zeit, und der Nutriscore zeigt, daß nach wie vor in den einschlägigen Kreisen niemand daran Zweifel hat, daß der Wert eines Nahrungsmittels wirklich ermittelt werden kann, indem man das tut, was man bei der Berechnung des Werts eines Menschen sofort als falsch erkennt.

Ich bin mir aber ziemlich sicher, daß die Ernährungsempfehlungen von heute keine längere Lebensdauer haben werden als die zur empfehlenswerten Energieversorgung, und bei denen gehe ich davon aus, daß sie die nächsten zwanzig bis dreißig Jahre nicht überleben werden. Heizen mit Gas ist ja neuerdings des Teufels, und ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie vor dreißig Jahren oder so die Leute mit allen Mitteln dazu gedrängt wurden, von Öl auf Gas umzusteigen. Vor knapp zwanzig Jahren wiederum, auch daran erinnere ich mich noch gut, hat ein Kollege von mir ganz stolz über die neu angeschaffte Pelletheizung berichtet. Er fühlte sich dabei sichtlich als eine Art Speerspitze des ökologisch korrekten Handelns, jemand, der seine Verantwortung ernst nahm - ernster als wir, die wir uns irgendwie mit dem Vorhandenen durchwurstelten -, aber heute muß er sich gerade deshalb als Umwelt- und Luftverschmutzer angeprangert fühlen. 

Tatsächlich hatte ich schon damals bei dem Hype um die Pelletheizungen ein komisches Gefühl. Bei mir war es da ja noch gar nicht so lange her, daß ich selbst noch in einer Altbauwohnung mit einer holz- und kohlebefeuerten Kachelofenheizung gewohnt hatte, die zu jener Zeit freilich schon ein ziemlicher Anachronismus war, der hauptsächlich deshalb bis in die frühen neunziger Jahre fortbestanden hatte, weil irgendein Handwerker meiner damaligen Vermieterin eingeredet hatte, der Einbau einer Gasheizung sei in dieser Wohnung gar nicht zulässig. Ich mochte diesen Kachelofen wirklich, und es war tatsächlich eine recht preisgünstige Art, zu heizen, zumal er zwei Räume und den Flur aufheizte, und damit letztlich die komplette Wohnung. Einmal im Jahr kaufte ich Kohlen ein, typischerweise im Sommer, wenn sie am günstigsten angeboten wurden. Aber außerdem habe ich sämtliche innerhalb mehrerer Jahrzehnte abgeholzten Obstbäume aus dem Garten meiner Mutter nach und nach verheizt, denn dieses Holz brauchte meine Mutter nicht, hatte es aber trotzdem aufgehoben, und in meiner Wohnung fand es dann tatsächlich noch eine nützliche Verwendung.

Holz, auch in Form von Hackschnitzeln, ist meiner Meinung nach immer dann eine gute Art zu heizen, wenn es sowieso als Abfall anfällt, etwa in Sägewerken, Schreinereien oder dergleichen und deren näherem Umfeld. Aber wer sich ohne einen solchen Zugang von einer dauerhaften Belieferung mit Pellets aus dem Fachhandel abhängig macht, dachte ich schon damals, als mein Kollege sich diese Heizung anschaffte, der macht sich ja auch von Preisschwankungen abhängig. Denn angenommen, alle würden nun so heizen wollen, wo sollte dann eigentlich das ganze Holz hergenommen werden? Das würde ja zwangsläufig zu einer Verteuerung führen. Auf die Idee, daß demnächst dann auch noch der "Passivrauch" aus den Kaminen kritisiert würde, wäre ich damals noch nicht gekommen, aber ich hätte mich an der Stelle meines Kollegen nicht auf diese Sache eingelassen, weil ich ein ungutes Gefühl dabei gehabt hätte. 

Nicht, daß ich etwa scharf darauf wäre, von der zuverlässigen Belieferung von Energiekonzernen abhängig zu sein. Falls wir unsere Pläne mit einem Häuschen als Altersruheseitz wahrmachen sollten, lege ich schon Wert darauf, beim Strom und beim Heizen wenigstens "notfallautark" zu sein. Wie wir das im Detail machen, hängt natürlich vom Objekt ab sowie außerdem von dem, was sich bis dahin technisch an Möglichkeiten so alles ergibt. Bis zu unserem Ruhestand sind es ja noch ein paar Jahre, also scheint es mir sinnlos, das auf Basis der jetzigen Technologien schon jetzt konkreter zu planen. Auch der Hype bei den Wärmepumpen sollte erst mal seinen Hype-Status verlieren.

Ich finde es übrigens ein bißchen verstörend, daß es offenbar komplett unüblich geworden ist, wenn jemand ein Haus mit Garten hat, darin auch nur einen einzigen Obstbaum stehen zu haben. Das fiel mir beim regelmäßigen Sichten bei Immoscout auf. Was stimmt mit den Leuten eigentlich nicht, die in den letzten zwanzig, dreißig Jahren Häuser gebaut oder gekauft haben, daß sie alle kein eigenes Obst mehr haben wollten, obwohl sie deshalb ja keineswegs weniger Zeitaufwand in die Gartenarbeit stecken? 

Ein hoher Anteil an selbstgezogenem Obst und Gemüse hätte übrigens die beste CO2-Bilanz von allen Ernährungsweisen, aber irgendwie glaube ich nicht daran, daß all die Ernährungswichtigtuer, die so große Töne spucken, etwas anderes als Ziergehölze, vielleicht einen Pool oder mindestens eines dieser omnipräsenten Trampoline im Garten haben, die oft große Teile der Gärten bei Familien mit Kindern blockieren. Und natürlich allerhand Deko-Schnickschack. Obst und Gemüse kaufen sie im Biosupermarkt und scheren sich vermutlich nicht darum, wenn es aus Neuseeland importiert werden mußte.

Das durchzieht ja ganze Einfamilienhaus-Viertel, daß keiner einen Garten am Haus hat, der zu etwas anderem dient, als nach aktueller Mode dekorativ auszusehen - was zwangsläufig bedeutet, daß er in zehn, spätestens zwanzig Jahren als altmodisch belächelt werden wird, es sei denn, man gestaltet ihn immer wieder nach neuester Mode um. Eine Zeitlang waren ja diese Steinwüsten populär, gegen die die Landschaftsgärtner und die Umweltpolitik mittlerweile so scharf zu Felde ziehen, aber inzwischen hatte es sich ja ohnehin bereits herumgesprochen, daß die genausoviel Pflege wie ein echter Garten benötigen, wenn sie halbwegs ansehnlich bleiben sollen. Was auch eine der gräßlicheren Moden ist - und die scheint derzeit noch nicht beendet - sind Gabionen anstelle von Hecken oder Zäunen.

Ich möchte am liebsten ein Haus, in dessen Garten ganz altmodisch schon mindestens ein Obstbaum steht, den ich nicht erst selbst pflanzen und dann jahrelang darauf warten muß, bis er trägt. Am liebsten ein Apfelbaum. Und natürlich werde ich auch einen Nutzgarten anlegen. Selbstverständlich mache ich das nicht, um die Welt damit zu retten, sondern ausschließlich aus "niederen Beweggründen". Und Wert lege ich außerdem auch darauf, einen handwerklich arbeitenden Metzger in erreichbarer Nähe, vorzugsweise in Fußwegentfernung, zu haben.

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Zum Stichwort "Alberner Deko-Schnickschnack" hier außerdem noch eine Auswahl meiner Flohmarktfunde der letzten Zeit: 






Ich hab nämlich eigentlich gar nichts gegen Deko-Schnickschnack, meine ganze Wohnung ist voll damit.

Der Einradfahrer auf dem untersten Bild, vom Spielprinzip her eine Mischung aus Nachziehente und Hampelmann, stammt aus Portugal. Leider ist die Achse des Rads beschädigt, aber mein Mann meint, das kriegt er wieder hin. Den fand die innere Fünfjährige in mir jedenfalls so umwerfend, daß sie ihn unbedingt haben mußte und wegen der Beschädigung bekamen wir ihn außerdem ja ganz billig, und gerade deshalb hat er noch einen zusätzlichen Unterhaltungswert, indem er den holzspezifischen Basteltrieb meines Mannes befriedigt. Aber den Sinn eines Gartens ohne Kirsch-, Apfel- und Zwetschgenbäume hätte dieselbe innere Fünfjährige ganz bestimmt nicht eingesehen. Über Kartoffeln und Zwiebeln, notfalls auch Salat, hätte man mit ihr ja noch verhandeln können, aber über Erdbeeren und Kirschen keinesfalls. ;-)

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