Mein Gewicht heute früh nach dem dritten von drei Fastentagen. enttäuschende 73,9 Kilogramm. Das muß die Hitze sein, die führt bei mir immer zu Wassereinlagerungen. Diese Woche will ich auch nicht auf den Kniff zurückgreifen, noch einen vierten Tag anzuhängen, da wir am Samstag einen Flohmarktbesuch eingeplant haben und ich beim stundenlangen Latschen ungern Wadenkrämpfe erleiden möchte. Aber dafür werde ich nach dem morgigen Eßtag noch einen Einzel-Fastentag anhängen, das sollte muskelkrampftechnisch safe sein. Flohmarktbesuche haben wir uns dieses Jahr die meisten verkniffen, weil wir die Wochenenden für anderes brauchen, vor allem den Garten, aber auch diverse kleinere Sachen, die im Haus zu machen sind. Aber ein paar handverlesene besuchen wir immer noch, und auf den vom Samstag wollen wir beide nicht verzichten.
Ansonsten habe ich nächste Woche das Vorgespräch in der Klinikambulanz, die mir den Port eingesetzt hat und nun wieder entfernen soll. Eigentlich bin ich nicht sonderlich scharf darauf, das bei dieser Hitze machen zu lassen, also werde ich wohl, falls mir wider Erwarten ein sehr kurzfristiger Termin angeboten werden sollte, selbst um einen Termin erst im September bitten. Eile besteht in meinem Fall ja nicht - das war anders, als der Port gelegt wurde. Vielleicht versuche ich ja, einen Termin exakt drei Jahre nach dem Legen des Ports zu bekommen, dann wird's allerdings sogar Oktober.
Trotz dieses bevorstehenden Schritts in Richtung Normalität interessiert mich das Thema Krebs natürlich weiterhin, und da gab es zweimal Neues. Es gibt eine neue Studie von Prof. Seyfried. Bei den dabei untersuchten Mäusen entwickelte sich bei der kohlenhydratreichen normalen Ernährung größere Tumore und häufiger Metastasen als bei einer ketogenen Variante. Dazu hole ich nicht so weit aus, weil es, wenn man seine Krebsentstehungstheorie für wahr hält, nicht sonderlich überraschend ist. Es paßt ins Bild von Seyfrieds bisheriger Arbeit, und, was noch wichtiger ist, in ein Bild, zu dem ich nicht einen einzigen Widerlegungsversuch kenne, ganz zu schweigen von überzeugenden solchen.
Ganz wichtig: Wann immer man über Seyfrieds Ansatz spricht und jemand ihn mit einer Warburg-Widerlegung widerlegt zu haben glaubt, hat sich derjenige, welcher, als ahnungslos geoutet. Seyfried kann man auf diese Weise nicht widerlegen. Vielmehr müßte man seine Widerlegungen der Warburg-Widerleger sowie seine auf Warburgs Erkenntnisse aufsetzenden neuen Erkenntnisse widerlegen, und das hat bislang, Stand heute, noch niemand ernsthaft versucht.
Einige Einwände bzw. Fragen hatte ich dagegen über die Schlußfolgerungen aus Erkenntnissen zum Mammografiescreening, über die das Ärzteblatt berichtet hat. Kleine Randbemerkung: Daß 2020 nur jede zweite eingeladene Frau am Screening teilgenommen hat, war bestimmt eine Erwähnung wert, aber man hätte gerne auch dazusagen können, daß das coronabedingt untypisch wenige gewesen sind und nicht anzunehmen ist, daß dies einen dauerhaften Trend widerspiegelt. Ich habe gerade keine Lust, nach Quellen zu graben, aber als ich das vor längerem mal recherchierte, war eher von um die drei Viertel die Rede.
An den Ergebnissen der Studie, über die berichtet wird, wirft aus meiner Sicht aber auch einiges wichtigere Fragen auf als das, worauf sich Autoren und Ärzteblatt fokussieren. Es geht aus der Quelle zwar nicht eindeutig hervor, aber es liegt im Kontext nahe, anzunehmen, daß bei den 116 Patientinnen, die dazu zwischen September und Dezember 2024 befragt wurden, Brustkrebs diagnostiziert worden war.
Von diesen 116 Patientinnen gaben 17 an, noch nie von dem Programm gehört zu haben. So etwas kann ich mir eigentlich nur bei mangelhaften Sprachkenntnissen vorstellen, sofern man in Deutschland noch bei keinem Gynäkologen gewesen ist. 7 Frauen gaben an, die Sache mehr oder weniger verschusselt zu haben, gerade mal 8 lehnten sie ausdrücklich ab.
So, und jetzt kommt's: Von 116 Patientinnen gehörten 45 gar nicht der betreffenden Altersgruppe an. Und weitere 35 hatten daran teilgenommen, aber dabei war der Tumor offenbar nicht entdeckt worden. Paywallbedingt kann ich nicht sicher sagen, wieviele der 35 gescreenten Patientinnen ihren letzten Screeningtermin wahrgenommen hatten oder ob es nur darum ging, daß sie überhaupt schon einmal beim Screening gewesen sind. Aber falls es bei allen der letzte angebotene Screeningtermin gewesen sein sollte, würde das bedeuten, volle 80 von 116 Patientinnen, das sind mehr als zwei Drittel, hatten also von vornherein keine Chance auf eine dem Screening zu verdankende Aufdeckung des Tumors in einem früheren Stadium.
Dem widerspricht auch nicht eine zweite Studie derselben Autoren, aus der oberflächlich betrachtet, genau das Gegenteil hervorzugehen scheint, jedenfalls klingt das im Ärzteblatt mit an. Im Wortlaut der Ärzteblatt-Artikel:
Die Folgen, die der Verzicht auf die Mammografie haben kann, zeigte sich in einer weiteren Studie von Fervers. An der Klinik war der Brustkrebs bei 92 von 149 Patientinnen im Alter zwischen 50 und 69 Jahren außerhalb des Screeningprogramms diagnostiziert worden. Das entspricht einem Anteil von 61,7 %.
Davon hatten 40 Frauen den Befund selbst getastet, bei 32 Frauen war der Tumor durch die Palpation beim Frauenarzt aufgefallen. Bei der Tastuntersuchung wird der Tumor häufig in einem fortgeschrittenen Stadium erst entdeckt, so auch in der Kohorte: Bereits 26 Patientinnen (28,2 %) hatten einen positiven Lymphknotenbefall, 52 Patientinnen (56,5 %) hatten ein T2-Stadium oder größer und 18 Patientinnen waren primär metastasiert (19,6 %).
Denn Gegenstand dieser Studie waren nur die Patientinnen der einschlägigen Screening-Altersgruppe, die unpassenden Altersgruppen, die die Zahl der betroffenen Patientinnen um ca. ein Drittel, also immerhin 50 weitere Brustkrebserkrankungen erhöht hätten, blieben von vornherein ausgeklammert. Was mir in der Zusammenfassung ebenfalls fehlt: Wieviele der 92 Patientinnen hatten denn bei der Mammografie nicht teilgenommen? Denn daß der Tumor außerhalb des Screenings gefunden wurde, bedeutet ja noch lange nicht, daß das Screening nicht vorgenommen wurde. Wir haben ja auch diese lästigen Sprintkrebse, die keine zwei Jahre brauchen, um von null auf tastbare Größe zu wachsen, und es wäre doch interessant zu wissen, welchen Anteil die an allen Brustkrebsen haben.
Ob sich die Antwort auf meine Frage hinter der Paywall verbirgt, weiß ich nicht, aber hätten die Autoren die Absicht gehabt, dies bekannt zu machen, dann wäre es auch in den Abstract mit aufgenommen worden. Dafür spricht auch, daß diese Arbeit die Wichtigkeit des Screenings verdeutlichen sollte. Deshalb nehme ich zur Strafe bis zum Beweis des Gegenteils jetzt mal an, es war wie in der anderen Studie ungefähr ein Drittel und daß das im Abstract - denn wer liest schon Volltexte? - vor allem deshalb nicht erwähnt wurde, weil es natürlich eine Einschränkung des postulierten Nutzens des Screenings wäre.
Mich würde auch mal interessieren, zu welchen Anteilen die 20 %, in denen der Krebs bereits metastasiert war, Sprint- und Schleichkrebse (also hormonnegative (tripel negativ und HER-2positiv) und hormonpositive) betrafen, denn auch dies läßt Rückschlüsse auf einen Nutzen des Screenings zu. Sprintkrebse können innerhalb von zwei Jahren auch bis zum metastasierten Stadium gelangen. Eine Einschätzung über den Nutzen des Screenings hängt aber m. E. vor allem davon ab, wie hoch die Chancen sind, besonders die Metastasierung zu verhindern - denn die zu verhindern, halte ich für wichtig genug, um dies als einziges wirklich überzeugendes Argument pro Screening zu betrachten. Daß es bei den Patientinnen, deren Tumor außerhalb des Screenings gefunden worden war, laut Ärzteblatt fünfmal soviele metastasierte Fälle gegeben hat, sagt unter dieser Voraussetzung weniger aus, als suggeriert wird - zumal es ja ohnehin in beiden Gruppen nur um eine zweistellige Zahl von Patientinnen ging, 92 (20 %: 18 metastasierte Fälle) und 57 (4 %: 2 metastasierte Fälle), was die Aussagekraft ein wenig einschränkt. Aber, wie gesagt, wirklich wichtig wäre es, zu wissen, wieviele Patientinnen mit metastasierter Erkrankung, deren Tumor nicht beim letzten Screening entdeckt wurde, dennoch am letzten Screening teilgenommen hatten. Denn das könnte das Bild, das uns hier vermittelt werden soll, sehr verändern.
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Im letzten Beitrag erwähnte ich die Meinung der Weltgesundheitorganisation zu Rohmilch. Was ich nicht ahnte, ist, wie bitterernst manche Leute deren Warnungen nehmen. Bei Twitter fand ich diesen Thread hier, der deutlich zeigt, daß gesundheitspolitisch stramm "Follow the WHO" nicht gerade von der Fähigkeit der korrekten Schlußfolgerung aus zusammengepuzzelten Informationsschnipseln zeugt.
Etwa die doch ziemlich verwegene Annahme, die gestiegene Lebenserwartung der letzten 6 Jahrzehnte sei primär oder ausschließlich auf den Konsum von pasteurisierter Milch (überwiegend in Tetrapacks) zurückzuführen:
Todesfälle durch Lebensmittelvergiftung kommen in Deutschland ungefähr so häufig vor wie Todesfälle durch Blitzschlag, nämlich eine kleinere einstellige Zahl pro Jahr, und der Anteil der Kuhmilch als Auslöser dürfte innerhalb dieser Zahl dem von Kugelblitzen als Auslöser von Blitzschlagtoten entsprechen. Wahrscheinlich erheblich häufiger der Schurke bei solchen Todesfällen sind Eier, wenn sie roh verwendet werden, und auch das Risiko ist mir ein leckeres Tiramisu oder ein Steak Tartar allemal wert. Tatsache ist außerdem, daß ich in den wenigen Fällen in meinem Leben, in denen mein Magen-Darm-Bereich etwas, das ich gegessen hatte, überhaupt nicht akzeptieren wollte, dies nie einem der üblichen Verdächtigen zuordnen konnte. Was die Sache ausgelöst hatte, blieb immer ein Rätsel, mit Ausnahme der Pertuzumab-Phase meiner Chemotherapie.
Skurril fand ich auch die Unzahl von Leuten, die behaupteten, Rohmilch nicht zu vertragen bzw. glaubten, sie löse generell den flotten Otto aus, aber vermutlich noch nie in ihrem Leben Rohmilch getrunken haben. Fakt ist, daß ich überhaupt erst wieder Milch trinken kann, ohne fiese und ausgesprochen übelriechende Blähungen zu bekommen, seit ich die Rohmilch der hiesigen Bauern entdeckt habe. Was genau ich an der pasteurisierten Milch nicht vertrage - denn daß ich irgendwas daran schlechter als Rohmilch vertrage, ist ja die einzig logische Schlußfolgerung -, weiß ich nicht, aber es würde mich überraschen, wenn es außer mir niemanden gäbe, bei dem dasselbe der Fall ist.
Wenn also Rohmilch mit gewissen Risiken verbunden ist, dann wird dieses Risiko durch die Verarbeitung zwar verringert, aber es werden andere Risiken erhöht. Denn stinkende Furzkanonaden sind ja ein klares Zeichen dafür, daß die Verdauung mit dem, was ihr zugeführt wurde, nicht einverstanden ist. Die Pasteurisierung fügt der Kuhmilch kaum etwas hinzu, also scheint sie ihr etwas wegzunehmen, das ich aber brauche, um nach einem Glas Milch nicht zum olfaktorischen Ärgernis zu werden.
Das hier sollte wohl witzig sein, ist aber nur auf primitive Weise gehässig:
Ich weiß nicht, wer das ist, aber ich wünsche keinem Kind einen Elternteil wie diese Person, also hoffe ich, er oder sie ist entweder noch jung und wächst aus dem Flegelalter noch heraus, oder er bzw. sie ist und bleibt lieber gleich kinderlos.
Und hier bemühte einer den Ekelfaktor:
Der Argumentation nach ist das vermutlich ein supervegan lebender Hafermilchtrinker, der - möglicherweise beeinflußt von der penetranten PETA-Propaganda - von Milchviehhaltung alptraumartige Horrorvorstellungen hat. Kleine Milchviehbetriebe - "unser" Hof hat ca. 100 Milchkühe - können es sich gar nicht leisten, ihre Kühe auf die beschriebene Weise verkommen zu lassen.
Immerhin, das hier bot mir etwas zu lachen:
Falls hier nämlich die dummen Rohmilchtrinker gemeint sind, steht die Aussage im Widerspruch zu der Annahme, sie gingen ein beträchtliches gesundheitliches Risiko ein. Oder war das doch ein hinterhältiger Seitenhieb auf die Rohmilchverächter?
Falsch liegen aber natürlich auch die Schiefdenker, wenn sie Rohmilch nur deshalb trinken, weil sie sie für gesünder halten. Rohmilch sollte man selbstverständlich vor allem deshalb trinken, weil sie viel besser schmeckt. Aber Genußfeindlichkeit ist halt überparteilich und omnipräsent.
Wir sollten alle mal ernsthaft über unser Verhältnis zum Risiko nachdenken, denn das ist doch nicht normal, daß gewöhnliche Leute wegen nachweislich geringer Risiken Panik schieben, aber es gleichzeitig für aus Risikosicht vertretbar halten, sich durch den dicksten Stadtverkehr auf dem Fahrrad hindurchzuquälen, obwohl das nicht nur ein bedeutendes Unfallrisiko ist, sondern auch dazu zwingt, die dortige ziemlich schlechte Luft länger als nötig einzuatmen.
Wohlgemerkt, ich will damit nicht anfangen, unterschiedliche Risiken gegeneinander aufzurechnen, denn davon halte ich nicht viel. Aber das Risikobewußtsein der allermeisten Leute steckt voller innerer Widersprüche, und das macht es so respektlos, wenn jemand offensichtlich geringfügige Risiken wie den Genuß von Rohmilch zu einem Popanz aufbläst. Von jedem werden doch die Risiken akzeptiert, die mit etwas verbunden sind, das bei einem bewirkt, daß man sich damit lebendiger fühlt, als wenn man darauf verzichten würde, und zwar im Hier und Jetzt - letztlich die einzige Zeit, die wirklich zählt.
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Mein Wohnungsverkauf ist beurkundet und ich warte darauf, daß das Geld auf meinem Konto ankommt, damit ich diese Sache endlich abhaken kann. Ehrlich gesagt, ich merke jetzt doch, daß ich diese Wohnung gar nicht vermissen werde. Irgendwie war sie mir in den letzten ca. zwölf Monaten doch zu stressig, obwohl 90 Prozent des Stresses etwas mit meinen Verkaufsplänen zu tun hatten, also andernfalls gar nicht entstanden wären. Ich bin aber auch froh, daß ich künftig nur noch Mieter habe, die mich per E-Mail zu kontaktieren gewöhnt sind. Das ist erstens einfacher, weil es seltener bei etwas Wichtigem stört und mich nicht so aus der Konzentration reißt, zweitens hat man Schwarz auf Weiß, was besprochen worden ist. Mit dem Mieter dieser Wohnung war das ein bißchen schwierig, weil sein Deutsch eher mittelmäßig ist und er nicht immer nachgehakt hat, wenn er etwas nicht verstanden hat. Das war alles kein böser Wille, trotzdem hat es mich immer wieder unnötig Zeit gekostet, und natürlich gemäß Murphys Gesetz meistens dann, wenn es mir besonders ungelegen kam. Es war, wie gesagt, beherrschbar, trotzdem bin ich ganz froh, daß ich damit künftig nicht mehr zu rechnen habe.
Drei vermietete Wohnungen mit zusammengenommen 200 Quadratmetern, das ist für die Altersversorgung auch völlig ausreichend, und nicht zuletzt werde ich mir, obwohl ich nur etwa 13 Prozent meiner vermieteten Wohnfläche verkauft habe, auch ohne den mieterbedingten Mehraufwand mehr als ein Viertel des vermietungsbedingten Zeitaufwands sparen, weil zwei der verbleibenden Wohnungen im gleichen Gebäude sind und mancher Aufwand nur einmal für beide entsteht. Rechne ich auch meinen Zeitaufwand mit ein, dann komme ich jetzt günstiger weg, obwohl die Quadratmetermiete gerade bei der verkauften Wohnung am höchsten ausgefallen ist, wenn sie auch die Mietspiegel-Obergrenze nicht überschritten hat.
Es gab einen (paywallgeschützten) Artikel in der Zeit, in dem private Vermieter über ihre Erfahrungen berichteten, dessen Inhalt ich vermutlich nie erfahren werde, weil mir die Sache nicht wichtig genug war, um den Volltext unbedingt gelesen haben zu müssen. Aber die 25 Wohnungen aus dem Titel, um die wirklich selbst neben einem normalen Vollzeitjob zu verwalten, wie das die zitierte Person anscheinend tut, dafür muß man schon in seiner Freizeit ziemlich viel Langeweile haben, denn das ist mindestens noch ein Halbtagsjob zusätzlich zum Vollzeitbroterwerb. Auch wenn alle Wohnungen in einem (als Ganzes geerbten) Gebäude sein sollten, da würde ich wenigstens für den Routinekram einen Verwalter beauftragen. Was ich hingegen auch bei so vielen Wohnungen nicht outsourcen würde, das ist die Neuvermietung. Ich möchte meine Mieter schon selbst auswählen, und das ist m. E. den Aufwand auch wirklich wert, wenn man gewisse Vorstellungen davon hat, wie ein Mietverhältnis funktionieren soll. Das erinnert mich außerdem daran, daß die Mieter, für die ich mich im Dezember entschieden habe, sich als nahezu perfekt erwiesen haben, und daraus ziehe ich den Schluß, daß ich mich künftig wirklich nicht mehr auf irgendwelches Privatgemauschel einlassen, sondern immer nach meinem bewährten Verfahren mit einer WG-gesucht-Anzeige auswählen sollte. Ein interessierter Privatkontakt kann dann vielleicht ja noch zusätzlich noch zur Besichtigung eingeladen werden, aber der muß sich dann ins normale Besichtigungprozedere mit einreihen wie andere Leute auch, und ich entscheide mich nur für ihn, falls er der interessanteste Kandidat ist, für den nach meinen höchstpersönlichen Kriterien mehr spricht als für die anderen.
Auf Bluesky hat dieser Ich-habe-25-Wohnungen-geerbt-Artikel unheimlich viel Häme ausgelöst, und weil ich ihn nicht gelesen habe, kann ich nicht einschätzen, wieviel davon berechtigt war, aber ich nehme an, irgendwas zwischen sehr wenig und gar nichts. Es ist nämlich nicht von vornherein Larmoyanz, wenn man darauf hinweist, daß Vermieten kein Hobby ist, das einem Vermieter so wahnsinnig viel Spaß macht, daß es eine Frechheit von ihm sein soll, wenn er dadurch auch noch einen kleinen Gewinn erzielen möchte. Und ja, das gilt selbstverständlich auch, wenn man als Kind oder Enkel Wohnungen geerbt hat, die eine Generation vorher erarbeitet worden sind. Im Gegenteil fände ich es angebracht, es mehr zu würdigen, wenn Erben nicht das machen, was meistens in solchen Fällen passiert, daß sie nämlich nichts Eiligeres zu tun haben, als das Erbe zu versilbern. Und zwar gerade im Interesse ihrer Mieter. Wer eine Wohnung einmal selbst gekauft hat, der hat sich dabei etwas überlegt und war motiviert, sich mit den dazu gehörenden Erfordernissen auseinanderzusetzen und hat dabei vermutlich auch Routine entwickelt. Ein Erbe muß sich in das alles erst noch reinfuchsen, und so etwas muß man erst mal wollen. Auch mit so einfach zu nehmenden Mietern, wie ich sie habe, gibt es doch immer wieder Probleme, von denen die Mieter zu Recht erwarten können, daß ihr Vermieter sie löst. Und dann interessiert es keinen Menschen, ob der gerade Zeit oder das nötige Geld hat. - Auch das ist legitim, man übernimmt als Vermieter nun einmal Verpflichtungen, aber auch darauf muß man sich erst mal einlassen wollen.
Es geht hier auch nicht um eine unbedeutende Zahl von Objekten. Pro Jahr werden 430.000 Immobilien vererbt, und da pro Erbschaft im Durchschnitt 1,6 Immobilien den Eigentümer wechseln, sprechen wir jährlich neben den selbst genutzten Familienheimen von vermutlich um die 200.000 nicht selbst genutzten Objekten bzw. von solchen, die neben der Eigennutzung auch noch eine oder mehrere vermietete Wohnungen enthalten. Von allen geerbten Immobilien ist laut der verlinkten Quelle zum Erbschaftszeitpunkt für 120.000 Objekte ein Verkauf bereits aktiv geplant, und das dürften erstens mehrheitlich vermietete sein, und zweitens nehme ich aufgrund anekdotischer Evidenz an, daß es nach den ersten zwölf Monaten noch um einiges mehr geworden sind.
Bei den drei vom Eigentümer seinen Kindern übertragenen Wohnungen bei uns im Haus, von denen ich 2019 zwei gekauft habe, ging beispielsweise die erste ca. ein Jahr nach dem Eigentumsübergang in den aktiven Verkaufsprozeß, die beiden anderen folgten mit ca. einem halben Jahr zusätzlicher Schamfrist. Der Vorbesitzer unseres Hauses wiederum hatte 2017 zur Finanzierung dieses Jahres ein geerbtes Dreifamilienhaus verkauft, in dem er selbst zunächst wohnte. Vermutlich haben Probleme mit einem Mieter, die bis zur Räumungsklage gingen, dazu geführt, daß er keine Lust hatte, in diesem Haus zu bleiben, in dem er es ja immer mit Mietern zu tun habe würde, und daß er statt dessen ein Haus haben wollte, in dem solche Probleme nicht entstehen würden. Ein Teil der durch Erbe zum Vermieter Gewordenen entdeckt halt erst mit der Zeit, daß er kein Talent und/oder keine Lust auf die damit verbundene Arbeit hat. Bei anderen kommt - sicherlich auch, weil in einem Todesfall zunächst die Trauer viel Raum einnimmt - erst im Laufe der Zeit der Gedanke auf, welche unerfüllten Wünsche man sich mit einem Verkaufserlös plötzlich doch noch erfüllen könnte. Und natürlich gibt es auch Wohnungen mit Problemmietern, bei denen es sich herausstellt, daß sie die nachlassenden Kräfte eines hinfälliger werdenden Vermieters, manchmal sogar richtig schamlos, ausgenutzt haben. Es ist zwar nicht der Regelfall, aber auch keine so große Seltenheit, daß Mieter ihre Mietzahlungen ganz einstellen, wenn sie merken, daß der Vermieter auf eine aus irgendwelchen Gründen verzögerte Mietzahlung nicht reagiert. Ich kenne selbst einen solchen Fall und dazu noch einen zweiten, wenn man verpachtete Kleingärten mit hinzurechnet. Also, der Erbe einer Mietwohnung kann aus seiner Sicht gute Gründe haben, sie nicht behalten zu wollen. Geerbte Wohnungen, insbesondere langjährig vermietete, sind aber besonders häufig auch ziemlich günstig vermietet. Erstens, weil das für langjährige Mietverhältnisse typisch ist, und zweitens dann, wenn der Vermieter in seinen letzten Lebensjahren nicht mehr viel Energie für die Verwaltung aufbrachte, aber andererseits auch niemand sonst damit beauftragt worden war. In solchen Fällen kann es sein, daß sich die Miethöhe sehr lange nicht verändert.
Es gibt ja die Redensart "Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst, du könntest es bekommen". Es gibt Leute, die glauben, das läge alles an den gierigen Wohnbaukonzernen und mit Wohnbaugenossenschaften wäre alles besser. Ein Blueskyer verlangte allen Ernstes, private Vermieter sollten ihre Wohnungen in Genossenschaften umwandeln. Aber auch Baugenossenschaften müssen für Neubauten nach eigener Angabe bei den heutigen Baukosten mit Quadratmetermieten von 18 bis 20 Euro kalkulieren. Bei einem Modell, das nicht gewinnerzielend, sondern nur kostendeckend sein muß! Billige Wohnungen gibt es also auch bei nicht gewinnmaximierenden Vermietern nicht in Form von Neubauten, sondern nur bei Wohnraum, der schon lange steht, und zwar meistens dann, wenn dieser Wohnraum schon lange in ihrem Eigentum ist.
Dasselbe gilt aber auch für private Vermieter. Je länger ein privater Vermieter seine Wohnung schon besitzt, desto weniger ist er auf eine Miete angewiesen, die auf Basis heutiger Kaufpreise kalkuliert wurde, und desto häufiger verlangt er eine vergleichsweise niedrige Miete. Enteignungphantasien gegenüber privaten Immobilieneigentümern zielen deshalb neben den Abzockern, die es natürlich auch gibt, auf eine Mehrheit von fairen Vermietern, darunter auch viele mit besonders preisgünstigem Wohnraum.
Manchmal ist eine Erbschaft von Immobilien aus Sicht des Erben auch einfach zu kompliziert, um sie behalten zu wollen. Das liegt an der Erbschaftssteuer und zuweilen außerdem an noch laufenden Hypothekendarlehen. Denn das Geld, das vom Erben dann verlangt wird, muß er erst mal aufbringen. Das geht am einfachsten, wenn er die Immobilien gleich verkauft. Für Mieter bedeutet das meistens die Eigenbedarfskündigung, und zwar umso wahrscheinlicher, je günstiger die Miete ist. Denn warum sollte ein Kapitalanleger eine Wohnung kaufen, die ihm nur einen Bruchteil dessen an Miete bringt, was er bräuchte, um seine Kosten zu decken? Es gibt eine Minderheit unter den Kapitalanlegern, die solche Wohnungen kaufen und den Mieter auf illegale Weise loszuwerden versuchen. Aber meistens sind es die ganz normalen Wohnungssuchenden, die selbst einziehen wollen, die eine solche Wohnung kaufen und dann von der ihnen gesetzlich zustehenden Möglichkeit des Eigenbedarfs Gebrauch machen.Wieviel die Erbschaftssteuer ausmacht, wird gerne mal unterschätzt. Nur mal als Rechenbeispiel: Angenommen, die 25 geerbten Wohnungen aus dem Zeit-Artikel hätten durchschnittlich einen Wert von 250.000 Euro (was bedeutet, es sind ziemlich preisgünstige Objekte), dann beträgt ihr Gesamtwert 6,25 Millionen Euro. Im günstigsten Fall, nämlich als hinterbliebener Ehegatte, muß man dann ca. 920.000 Euro Erbschaftsteuer bezahlen. Ein einzelnes hinterbliebenes Kind käme schon auf eine knappe Million. Ein Erbe der ungünstigsten Kategorie, etwa ein unverheirateter Lebensgefährte, bezahlt mehr als 1,7 Millionen an Erbschaftssteuer. Sogar dann, wenn außerdem noch genügend Bargeld vorhanden wäre, um die Erbschaftssteuer auf die Immobilien sofort aufbringen zu können, müßte von diesem Barvermögen aber natürlich ebenfalls Erbschaftssteuer bezahlt werden. Man bräuchte also pi mal Daumen je nach Erbenklasse bis zu mehr als zwei Millionen geerbtes Bargeld zusätzlich zu den Immobilien, um das Finanzamt, wie von diesem erst mal verlangt, sofort auszahlen zu können.
Jetzt kann ich wohl darauf warten, daß ein säuerlicher Einwand mich darauf hinweist, daß ja bei 25 geerbten Wohnungen auch entsprechend Mieteinnahmen reinkommen. Beim oben genannten Durchschnittskaufpreis wären das bei angenommenen ca. 1000 qm Wohnfläche und 10 Euro Mieteinnahmen pro qm (netto, also nach Bezahlung der Gas-, Müll- Wasserrechnung und anderer Hauskosten) immerhin 10.000 Euro monatlich.
Aber bevor mir jetzt vorgeworfen wird, die Miete künstlich runtergerechnet zu haben, gehen wir lieber mal von Münchener Verhältnissen aus und verdoppeln wir diese Monatsnettomieteinnahmen auf 20.000 Euro monatlich.
Rechenaufgabe 1: Wieviele Monatsmieten muß ein Erbe wie lange ansparen, um rein aus den Mieteinnahmen eine Erbschaftssteuer in Höhe von 1,7 Millionen Euro zu bezahlen?
Rechenaufgabe 2: Wo nimmt er in diesem Fall eigentlich das Geld für anfallende Reparatur- und Sanierungskosten her, die ja während dieses Zeitraums ebenfalls anfallen werden?
Es kommt nicht von ungefähr, daß Erben von vermieteten Immobilien eine zehnjährige Stundungsfrist in Anspruch nehmen können. Das ist keine Wohltat für die Erben selbst, sondern ist als Mieterschutzmaßnahme gedacht. Es soll jedenfalls nicht das Finanzamt sein, daß einen Erben schlichtweg dazu zwingt, seine Mieter den Unbilden des Wohnungsmarkts auszusetzen, auch wenn er das eigentlich gar nicht tun möchte.
Das sind also eigentlich alles keine unlösbaren Aufgaben, aber man muß sie sich aufbürden wollen. Es ist durchaus zu verstehen, daß nicht jeder Erbe sich das antut. Ich habe deshalb ziemlichen Respekt vor dem Erben, der Omas 25 Wohnungen übernommen hat und sie behalten will und sich sogar selbst in seiner Freizeit um die Verwaltung kümmert. Das zeugt von einem Verantwortungsbewußtsein, das von den Hämischen keiner begreift und auch gar nicht begreifen will. Er hätte sich sehr viel schneller reich fühlen - und wie ein Reicher leben - können, hätte er diese Wohnungen einfach gleich verscherbelt.
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