Mein Gewicht heute früh zum Start des dreitägigen Fastenintervalls (ein vierter Tage entfällt wegen Feiertag am Donnerstag): 77,1 Kilogramm. Zefix. Daß ich von dieser 77 immer noch nicht runter bin! Aber meine Gewichtsausschläge zur Zeit sind auch abnormal hoch. Letzte Woche hatte ich nach dem ersten von zwei Fastentagen sogar eine Abnahme von 3,1 Kilogramm zu verzeichnen. So was passiert mir höchstens ein- oder zweimal im Jahr. Sollte ich am Donnerstagfrüh unter 72 Kilo landen, bin ich's ja vollauf zufrieden.
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Ein Geständnis: Ich gebe mir große Mühe, die Aktivitäten des aktuellen amerikanischen Gesundheitsministers bestmöglich zu ignorieren, der ja im Moment vor allem in seiner Eigenschaft als in der Wolle gefärbter Impfskeptiker in den Schlagzeilen ist, was mir so wenig gefällt wie jedem x-beliebigen anderen Nicht-Impfskeptiker auch. Drastische Kürzungen in der medizinischen Forschung sehe ich aber schon zwiespältig, weil in diesem Bereich aus einer Art wissenschaftlichem "So tun, als ob" heraus so viel Schrott zusammenpubliziert wird. Die Fehlanreize zu beseitigen, die dazu führen, daß es schier unmöglich ist, in Bergen von Irrelevantem, das häufig trotzdem über die Publikumsmedien gehypt wird, die wichtigen Erkenntnisse herauszufiltern, über die die wissenschaftlichen Debatten geführt werden müßten, fände ich eigentlich gut und richtig. Allerdings habe ich bei jemandem wie Kennedy nicht das Gefühl, daß er die richtige Person ist, um hier den richtigen Ansatzpunkt zu finden. Auch sehe ich die von mir erhoffte Wirkung nicht, solange es keine breite wissenschaftliche und gesellschaftliche Debatte über die Frage gibt, was am Wissenschaftsbetrieb, wie er gerade ist, schiefläuft und wie man das ändern sollte.
Also hoffe ich, daß Kennedy zumindest keinen allzu hohen Schaden anrichtet, will heißen, daß sich positive und negative Effekte speziell dieser Maßnahmen mindestens ungefähr die Waage halten.
Es mißfällt mir außerdem, daß die Keto-Bubble, die ich nach wie vor auf Twitter im Auge behalte, obwohl ich es immer seltener nutze, sich überwiegend entweder ebenfalls impfskeptisch äußert oder jedenfalls schweigt, falls sie die Impfskepsis skeptisch betrachten sollte. Das ist zwar ein ganz typisches menschliches Verhalten, wenn man nur ein einziges Thema hat, das man für absolut vordringlich hält und für das man sich lange vergeblich verkämpft hat, wenn endlich doch noch ein Hoffnungsträger auftaucht. Aber typisch ist - aus denselben Gründen heraus - ebenso die Schwächen der Theorie hinter der ketogenen Ernährung und die Grenzen der Behandlungserfolge totzuschweigen oder ganz abzuleugnen. Wenn das letztere ein Unglück für jedenfalls einen Teil der behandelten Patienten ist, weil ihnen weniger gut geholfen werden kann, solange man hier auf intellektuelle Ehrlichkeit verzichten zu dürfen oder zum Schutz der Theorie zu müssen glaubt, dann gilt das natürlich auch, wenn man zu anderen Dingen schweigt, von denen man ebenfalls annehmen muß, daß Patienten unnötigen Schaden erleiden werden. Das stört mich um so mehr, je eifriger sich die Betreffenden als Beschützer von Patienten vor den bösen anderen präsentieren. Man wird dabei selbst auch zum bösen anderen, nur eben für andere Leute. Noch unangenehmer finde ich es, daß dies auch dazu führt, daß diese Leute einem offensichtlichen Vollpfosten wie Donald Trump sowie die Wühlarbeiten der Strippenzieher hinter ihm zur Demontage der rechtsstaatlichen Strukturen der USA teils ausdrücklich, teils durch Schweigen zustimmen. Hier wird man nicht nur zum bösen anderen für andere Leute, sondern wird früher oder später feststellen, daß es auch nicht im eigenen Interesse gewesen ist.
Für eine Veränderung des Übelstands, der ernährungsbedingte Ursachen hat, ist Robert Kennedy jr. immerhin die beste Chance, die Amerika seit Jahrzehnten hatte, zumal wenn ich mir vor Augen halte, wieviele und wie schwerwiegende gesundheitliche Folgen damit verbunden sind. Angesichts dessen, was Kennedy in dem Bereich an Weichen stellt, müssen schon sehr schwerwiegende Fehler in anderen gesundheitlichen Bereichen gemacht werden, um am Ende den Schaden größer als den Nutzen werden zu lassen, falls das wirklich so umgesetzt werden sollte. Hoffen wir also weiter.
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Der zweite Teil von Dr. Fungs Abhandlung über die Rolle der hochverarbeiteten Lebensmittel bei der Gewichtszunahme ist jetzt online. Hier geht er tatsächlich gleich zu Beginn auf die Studie von Kevin Hall ein, die ich in meinem letzten Blogbeitrag ein bißchen analysiert habe, und obwohl er eine Reihe interessanter Details wiedergeben konnte, die ich nicht mehr wußte, sind ihm merkwürdigerweise einige Dinge an den Gewichtsverlaufskurven nicht aufgefallen, die ich bemerkt hatte und auch bemerkenswert finde. Was Dr. Fungs Artikel aber sehr interessant macht, sind Einzelheiten darüber, wann und wie und unter welchen Begleitumständen sich hochverarbeitete Lebensmittel (UPFs) in der US-Ernährung durchsetzten. Es besteht ein klarer zeitlicher Zusammenhang zur Low-Fat-Welle, die für die Konzerne natürlich eine Gelegenheit boten, massenhaft fettarme Ersatzprodukte für bestimmte Arten von gebräuchlichen Lebensmitteln zu entwickeln. Das war in den achtziger Jahren, und parallel dazu nahm die Adipositaswelle erst so richtig Fahrt auf.
Stutzen läßt mich aber - immer wieder - die Behauptung, UPFs seien im Vergleich zu normalem Essen billiger, denn gerade Ende der Achtziger war meine Erfahrung genau umgekehrt. Nachdem mein Kind zur Welt gekommen war, hatte ich extrem wenig Geld, und ich kam dahinter, daß es billiger war, selbst zu kochen - worauf ich das Kochen erst so richtig gelernt habe. Keine Ahnung, ob das in Amiland wirklich anders gewesen sein kann. Sicherlich ist es aber auch eine Frage der Bezugsquellen. Da Konzerne die Grundstoffe ihrer UPFs in enormen Mengen aufkauften und dabei auf die billigstmöglichen Produzenten zurückgriffen, mag es sein, daß die Absatzmöglichkeiten der normalpreisigen Grundprodukte so viel schlechter wurden, daß das Angebot an frischen Lebensmitteln sich verringerte und dies den verbleibenden Rest verteuerte. In Deutschland mußte ich selbstverständlich auch auf günstige Angebote aus dem Discounter zurückgreifen und machte rege von Sonderangeboten und der Möglichkeit des Einfrierens selbiger im Falle von Fleisch Gebrauch, damit mir am Ende des Gelds nicht zu viel Monat übrigblieb, aber selbstgemachte Fleischküchle mit Kartoffelbrei aus Kartoffeln, Milch und ein bißchen Butter waren jedenfalls, abgesehen davon, daß sie auch viel besser schmeckten, billiger als das entsprechende Fertigprodukt in der Menüschale mal zweieinhalb Personen.
Ob sich das heute auch in Deutschland geändert haben könnte? Keine Ahnung. Ich habe die typischen Preise für Fertigprodukte nicht auf dem Schirm, und auch die Preise für Eier, Obst und Gemüse im Discounter weiß ich mittlerweile nicht mehr. Beim Fleisch habe ich sie noch halbwegs im Kopf, obwohl ich mittlerweile gerne in einem der Bauernhofläden zugreife. Was die Milch betrifft, haben wir ja das Pech gehabt, daß unsere besonders nahe gelegene Bezugsquelle für hervorragende Rohmilch wegen Aufgabe der Milchviehhaltung seit einem Vierteljahr nicht mehr besteht. Die haben nun Vollmilch eines anderen Erzeugers im Kühlschrank. Dort, wo ich jetzt häufig Fleisch kaufe, gibt es zwar ebenfalls Rohmilch, aber die bleibt geschmacklich doch erheblich hinter derjenigen zurück, die ich davor kaufen konnte. Dafür stieß ich am Ort auf einen Geheimtipp für Rohmilch, ein Hof, bei dem die Insider, die ihn kennen, den Liter Rohmilch selbst am Tank in mitgebrachte Flaschen etc. abzapfen dürfen, und zwar für 80 Cent den Liter. Diese Milch kommt der Sache, der wir so sehr hinterhertrauern, geschmacklich näher und kostet mich weniger als die normale Vollmilch bei Lidl.
Daß die Weltgesundheitsorganisation vom Genuß von Rohmilch abrät, sollte mich eigentlich nicht weiter wundern. Sie rät ja praktisch von allem ab, was man genießen kann. Im Grunde könnte ich auch dazu übergehen, von vornherein immer das Gegenteil dessen zu tun, was die WHO empfiehlt. Ich sehe überhaupt keinen Sinn darin, mich, wenn etwas wirklich, wirklich gut ist, mich mit einem weniger befriedigenden Ersatzstoff zu begnügen.
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Es ist schon ein Weilchen her, daß ich meine Bedenken gegenüber der Abnehmspritze so begründet habe:
Meine Bedenken, was mögliche Langzeitschäden durch Abnehmspritzen betrifft, kommen daher, daß durch sie neurologische Funktionen beeinflußt werden, die bislang nur unzureichend verstanden sind. GLP1-Rezeptoren haben ja, ähnlich wie die sogenannten Nikotinrezeptoren, wahrscheinlich nicht nur die eine Funktion, die man aktiv zu beeinflussen versucht, sondern eine ganze Reihe weiterer Aufgaben, die man durch ihre Beeinflussung natürlich unweigerlich mitbeeinflußt. Wenn man aber nicht weiß, was man da mitbeeinflußt, können sich daraus Nebenwirkungen ergeben, mit denen niemand gerechnet hat. Vareniclin, das ziemlich erfolgreich zum Rauchstopp eingesetzt werden kann, weil es durch seine Wirkung auf die Nikotinrezeptoren die Lust am Rauchen nimmt, hat beispielsweise bei manchen Anwendern offenbar die Nebenwirkung, zusätzlich auch die Lust am Leben zu nehmen. Es gab nämlich eine Reihe von darauf zurückgeführten Suiziden. In anderen dokumentierten Fällen kam es auch zu Gewaltausbrüchen, ebenfalls teilweise verbunden mit Todesfällen, manchmal von Angehörigen, manchmal von völlig Unbeteiligten, oder zu erhöhten Unfallrisiken. Die wesentlich häufigeren abgeschwächteren Versionen bestanden in Schlaflosigkeit, Alpträumen und ähnlichen Symptomen.
Was für andere als auf den Appetit bezogene Funktionen der GLP1-Rezeptoren durch die Abnehmspritzen beeinträchtigt werden und welche Folgen das mittel- oder langfristig haben kann, weiß im Moment aber kein Mensch so genau. Erwähnt werden immer nur die kurzfristigen Nebenwirkungen, von Übelkeit aufwärts. Aber wie schon weiter oben erwähnt, wenn ein im biologischen System eigentlich allgegenwärtiges Phänomen wie das ständige Wiederherstellen eines Gleichgewichts, der Homöostase, durch diese Mittel ausgehebelt oder jedenfalls verzögert werden kann, wäre ich mir nicht zu sicher, daß daraus keine ungewollten negativen Wirkungen resultieren können.
Es stellt sich heraus, daß die Rezeptoren, die von GLP1-Agonisten beeinflußt werden, neben anderem auch etwas mit dem Schwangerwerden zu tun haben müssen, weil Abnehmspritzen offenbar auf irgendeine Weise dafür sorgen, daß frau nicht schwanger wird - jedenfalls meistens. Warum, weiß niemand so genau, diese Wirkung wurde aber trotzdem beobachtet und führte dazu, daß Frauen, die schwanger werden wollen, empfohlen wird, die Abnehmspritzen zuvor für mindestens zwei Monate abzusetzen. Das ist eine "Nebenwirkung", bei der es einfach ist, sie zu erkennen, und die offenbar auch kurzfristig wieder verschwindet, wenn man die Spritze absetzt. Was alles noch sich hormonell verändert und ob manches davon sich erst mittelfristig negativ auswirken wird, das muß sich erst noch erweisen. Und das alles für eine Gewichtsabnahme, die nur bei dauerhafter Verabreichung des Mittels auch dauerhaft halbwegs gehalten werden kann. Das heißt, wenn man es nur vorübergehen einsetzen will, braucht man damit gar nicht erst anzufangen.
Dafür wurden in einer Studie jetzt veränderte Biomarker in Blut und Urin bei häufigem Verzehr von hochverarbeiteten Lebensmittel gefunden. Die Studie selbst zu lesen, fehlt mir gerade die Zeit, aber den Link für etwaige Leser mit mehr Ehrgeiz und krimineller Energie wollte ich neben dem Ärzteblatt-Bericht auch noch setzen, da ich ja weiter oben bereits diese Thema angesprochen hatte.
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Letzte Woche habe ich offiziell bei der Rentenversicherung angefragt, wie hoch eine Sonderzahlung ausfallen müßte, damit ich schon in drei Jahren ohne Abschläge in den Ruhestand gehen kann. Die Zeit drängt, mich darum zu kümmern, denn wie lange diese Möglichkeit noch bestehen wird - von der ich bei meinem letzten öffentlichen Sinnieren über einen vorzeitigen Ruhestand noch gar nichts wußte -, weiß ich nicht, und so ist genau jetzt der richtige Zeitpunkt, um mich wenigstens zu informieren - wie ich mich dann entscheiden werde, kann ich freilich im Moment noch nicht sagen.
Aber auch der abschlagsfreie Ruhestand mit 65, an dem nichts zu ändern, unser aller Bundeskanzler doch heilige Eide geschworen hatte, scheint auf einmal zu wackeln. Ich sollte mich vielleicht doch schon zwei Jahre früher vom Acker machen, falls das in drei Jahren noch geht, wenn ich nicht gezwungen werden will, doch bis 67 zu arbeiten. Und je mehr die einschlägigen Lobbygruppen Druck machen, um mich dazu zu zwingen, desto dringender will ich auf einmal nicht mehr bis 67 arbeiten müssen.
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Der beste Nachbar der Welt mit seinem Autoanhänger hat uns nicht nur ein weiteres Mal von säckeweise Grüngut befreit, sondern auch angeboten, uns den Sperrmüll wegzufahren. Das hat unsere letztwöchigen Pläne etwas durcheinandergebracht, denn nun habe ich mich endlich ermannt, den tiefen Keller wieder zu betreten, zu sichten, was der Vorgänger uns dort an Müll hinterlassen hat, und alles auszuräumen, damit ich alles, was Sperrmüll ist, schon diesmal loswerde und nicht nochmal einen Anlauf nehmen muß.
Das ist also jetzt geschehen, und die Jahrzehnte alten Spinnweben sind von der Decke gekehrt - außer in einer Ecke, die ich übersehen hatte, wie ich später merkte -, und nun kann ich den Keller auch richtig beleuchten. Denn im Tiefkeller endet das orange Kabel, an dem die Leuchtstofflampe dranhängt, auf halber Raumhöhe in der Wand. Auf der anderen Seite verfolgte ich das Kabel, das dort, nämlich im oberen Keller, auf der anderen Wandseite wieder herauskommt, bis zu einer Steckdose, und sah, daß der Stecker einen Schalter hatte. Ich legte ihn um, ging zurück in den Tiefkeller, und voilà - es ward Licht geworden. Davor hatte ich die reichlich schummrige Beleuchtung im Abteil nutzen müssen, das dem Hausnachbarn gehört, mit dem wir uns diesen Keller teilen, und auch das machte das Betreten des Tiefkellers wenig verlockend, weil das trübe Licht das Chaos dort auch ein bißchen unheimlich machte.
Zum Vorschein kam in der nunmehr funktionierenden Beleuchtung ein so eindrucksvoller und geradezu archaisch wirkender Gewölbekeller mit erstaunlich hoher Decke, daß ich mich ernsthaft frage, ob er nicht noch wesentlich älter sein müßte als die 200 Jahre, die unser Haus alt sein soll. Wäre es nicht denkbar, daß dieser Gewölbekeller mal zu einem Vorgängerbauwerk gehört hat, das kleiner war als die beiden Haushälften und direkt über diesem Keller errichtet wurde?
Der Nachbar erwähnte, daß das Gelände, auf dem unser Haus steht, früher einmal zum Gutshof eines Schlosses gehört hat. Dieses Schloß steht noch, ist aber eine romantische Kopfgeburt eines Adeligen aus dem 19. Jahrhundert - ähnlich wie Neuschwanstein, nur wohl aus Mangel am nötigen Kleingeld längst nicht so überkandidelt - und gute zwanzig Jahre jünger als unser Haus angeblich ist. Davor stand an derselben Stelle seit spätestens dem 11. Jahrhundert eine Burg, die freilich im 16. Jahrhundert abgebrochen wurde. Keine Ahnung also, ob der Gutshof erst zum neuen Schlosses gehörte oder das Gelände vielleicht auch schon zum Besitz der alten Burg gehört hat. Ich werde mich wohl ins Stadtarchiv begeben und die Historie dieses Grundbesitzes erforschen müssen.
In einer Ecke des Gewölbekellers ist eine altertümliche Steintreppe, die einmal in unseren heutigen oberen Keller - einst ein Stall - geführt hat, aber irgendwann zugemauert wurde. Durch diese zugemauerte ehemalige Tür führte auch das orange Kabel. Unser oberer Keller ist ja wegen der Hanglage des Hauses vorne ebenerdig zugänglich, aber auf der Rückseite unter dem Bodenniveau. Heute ist er nur noch durch eine Tür in der Werkstatt zugänglich, aber auf alten Fotos vom Haus sieht man, daß ursprünglich eine Stalltür direkt vor der Verandatreppe war, die irgendwann zwischen 1910 und 1960 zugemauert worden sein muß. Warum? Wir tippen darauf, daß eine Erneuerung der Veranda schuld daran war, denn die alte Verandatreppe wirkt auf den Fotos erheblich steiler als die, die wir jetzt haben. Vermutlich fiel die Tür also der Bequemlichkeit beim Hauszugang zum Opfer.
Die Treppe im Gewölbekeller endet jetzt an einem mit Ziegeln zugemauerten Durchgang. Ich glaube übrigens, ich weiß, wo die Tür gelandet ist, mit der sie verschlossen war, denn die Decke im Gartenhaus hat an einer Stelle aus unerfindlichen Gründen eine sehr schlichte altertümliche Türklinke. Das hat gute schwäbische Tradition: So hat man früher seine Gartenhütten gebaut bzw. ausgebessert: aus dem, was an anderer Stelle übrig war, weil es durch etwas Neues ersetzt worden war. Ich erinnere mich noch an die Gartenhütte, die mein Großvater gebaut hatte. Die Wände bestanden aus mehreren alten graublau gestrichenen Türen, die ursprünglich im Keller unseres Wohnhauses ihren Dienst getan hatten. Dabei war mein Großvater gar kein Schwabe, sondern Donauschwabe, was keineswegs dasselbe ist.
Ich würde den Durchgang ja gerne wieder aufmachen, allerdings verlaufen dort auf der anderen Seite die Gas- und Wasserleitungen - vermutlich wurde die Tür deshalb auch abgeschafft. Es gibt ja immerhin den Zugang von außen.
Den Lichtschacht, durch den nur spärliche Beleuchtung kommt, kannte ich schon von außen. Als wir das Haus übernahmen, mußten wir erst allerhand Gerümpel daraus entfernen. Im beleuchteten Gewölbekeller war nun erstmals zu erkennen, daß er von innen mit Ziegeln auf weniger als die Hälfte der ursprünglichen Größe verkleinert wurde. Mein Mann ist der Meinung, daß da unten früher nicht nur Kartoffeln, Äpfel und Kohlen gelagert wurden, sondern außerdem ein großer Herd stand, dessen Abzug durch den Schacht führte. Von der Treppe aus kam man direkt auf ihn zu. Möglicherweise wurde dort auch geschlachtet. Dafür sprechen die großen Haken an der Decke, an denen man das geschlachtete Schwein hätte aufhängen können. Auch zwei große Wandnischen zwischen Lichtschacht und Treppe deutet mein Mann als mit diesem Herd zusammenhängend. Mir gaben sie Rätsel auf, weil das drei bis vier Meter tief unter dem Erdbodenniveau liegt, und die müssen also in den Felsboden gehauen worden sein, auf den man hier ziemlich schnell stößt, aber wenn man dort beispielsweise den Kessel mit der gekochten Wäsche zum Abkühlen abstellt, um den für die Suppe aufstellen zu können, hatte es schon seinen Sinn, sich diese Mühe zu machen. Im Kellerabteil des Hausnachbarn, mit dem wir uns diesen Keller teilen, erkennt man einen ebenerdigen Durchgang, der zugemauert wurde. Interessant, daß es bei ihm also auf derselben Ebene noch weiterzugehen scheint, während es auf unserer Seite nur noch nach oben weitergeht. Ich werde ihn mal fragen müssen, wie weit es auf seiner Seite noch geht mit dem Keller.
Das ist alles richtig spannend. Mal sehen, ob ich mehr über die Geschichte des Hauses und etwaiger Vorgängerbauten herausfinden kann.
Toll auch, daß die Sachen, die wir aus dem Keller herausgetragen haben, noch völlig in Ordnung waren, obwohl sie jahre- und manches vielleicht sogar jahrzehntelang dort gelagert waren. Ich fand sogar einen Karton alte Autozeitschriften aus den siebziger Jahren, die in einwandfreiem Zustand waren und allenfalls ganz schwach muffig gerochen haben. Auch wenn ein großer Teil davon Sperrmüll oder Hausmüll oder bestenfalls ein Fall für den nächsten Flohmarkt war: Der Keller ist also trocken und dies schon immer gewesen. Einige Sachen konnten wir aber auch noch gebrauchen, so etwa eine große emaillierte Zinkwanne sowie eine nicht emaillierte Wanne, die Löcher im Boden hat, also wohl als Pflanzgefäß genutzt wurde, sowie zwei riesige Blumentöpfe, glücklicherweise aus Kunststoff, sonst hätte ich die nie im Leben nach oben gebracht. Daneben ein Laubsauger, der erstaunlicherweise funktionsfähig ist und ladenneu verpackt war. Was die Gartengroßgeräte betrifft, hat nämlich das meiste, das uns der Vorgänger im Gartenhaus hinterlassen hat, nicht mehr funktioniert. Wir fanden im Gewölbekeller außerdem ein gefülltes Weinregal mit Weinen, die dreißig bis vierzig Jahre alt sind. Ob wir hier in Würde gereifte edle Schätze oder nur noch Essig vorfinden, das werden wir gelegentlich mal ausprobieren müssen. Der beste Nachbar der Welt hat uns außerdem nagelneue und unbenutzte Obst- und Kartoffelhorden geschenkt, und das ist super, denn wo könnte man Kartoffeln und Äpfel besser lagern als in diesem Keller? Die Frage ist nur, ob ich sie vor Mäusen schützen muß. Vielleicht mache ich vorsichtshalber ein Netz darüber. Mamelade ist da unkomplizierter, und für die sollte der Tiefkeller auch der richtige Lagerplatz sein.
Außerdem fand ich in der hintersten Ecke ein halbes Dutzend Schaufeln, Beile, eine Säge und zwei Schneeschippen. Gut, daß ich im Winter keine Zeit fand, eine Schneeschippe zu kaufen, wie ich das eigentlich vorhatte, aber irgendwie nie dazu kam. Eine Schaufel habe ich allerdings angeschafft, weil im Gartenhaus keine gewesen war ...
Weil sich im Gespräch zufällig ergab, daß dem Nachbarn gerade sein großer Kühl-Gefrierschrank kaputtgegangen war, boten wir ihm an, die beiden riesigen Ungetüme, ein Kühl- und eine Gefrierschrank, mit denen unser Vorgänger die Küche blockiert hatte und die jetzt in der Werkstatt stehen, als Dankeschön für seine Hilfe zu übernehmen. Die wird er in den nächsten Tagen abholen. Das ist mir eine ziemliche Erleichterung, denn obwohl ich eigentlich im Keller eine Gefriertruhe aufstellen wollte, war der Gefrierschrank dafür zu überdimensioniert. Und einen so großen zweiten Kühlschrank brauchen wir sowieso nicht. Wenn überhaupt, legen wir uns ein kleineres Gerät für die Getränkekühlung für die Terrasse zu. Da mein Mann jammert, weil die Werkstatt so vollgestellt ist, und deshalb die große Aufräumaktion dauernd verschiebt, die er eigentlich mal in Angriff nehmen sollte, ist es auch hilfreich, daß dann mehr Platz dort ist. Sein Vorwand im Winter war immer, daß es zu kalt und der Boden zu feucht war, um Holz vor der Werkstatt zwischenzulagern, aber da wir keineswegs ein besonders trockenes Frühjahr hatten, wäre es auch, als es wärmer wurde, immer riskant gewesen. Dazu kam natürlich auch noch, daß wir im Garten voll beschäftigt waren. Aber jetzt wird es wohl demnächst etwas werden.
Das große Tetris-Spiel mit dem Hin- und Herschieben von Dingen, die im Weg sind, wird also jetzt ein weiteres Mal einfacher. Zu Ende ist es aber noch lange nicht. Noch vier Wochen und die Handwerker rücken wegen der Verlegung der Therme an, dann wird es noch einmal richtig eng, weil wir auf allen Stockwerken für den Thermentransport und die Leitungsverlegung Platz schaffen müssen. Und ist das erledigt, können wir die neue Einbauküche planen. Langweilig wird es uns bestimmt so schnell nicht, und es ist noch längst nicht alles an dem Platz angekommen, wo wir es haben wollen.
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Die Zuchini-Saison hat begonnen und anders als die letzten Jahre, als das auf den Balkon nie so richtig geklappt hat, bin ich nunmehr im Begriff, so viele Zucchinirezepte wie möglich zur Anwendung zu bringen. Nach dem Verbrauch von zweien am Wochenende liegen immer noch drei im Kühlschrank. Und die beiden 10-cm-Früchte, die ich an unseren drei Pflanzen gestern gesehen habe, können sich innerhalb von 24 Stunden ja bereits in Mordstorpedos verwandelt haben. Nachher muß ich mal nachsehen.
Aber keine Sorge, mein Rezepterepertoire ist reichhaltig. Am Tag nach dem Fasten am Donnerstag wird es Zucchinibörek geben. Am Wochenende plane ich die klassischen gefüllten Zucchini. Und den tollen Brotaufstrich aus Zucchini, harten Eiern, Zwiebeln, Knofi und Creme fraiche, den ich am Samstag erstmals ausprobiert habe, bringe ich wohl noch einmal zum Einsatz. Ob ich bei den Nachbarn fragen soll, ob sie auch eine Zucchini haben wollen, weiß ich nicht so recht. Ich füchte nämlich, fast alle haben die selbst, und die, die nicht haben, werden bestimmt schon von allen anderen Nachbarn mit Liebesgaben bedacht.