Mein Gewicht am Montag zum Start der diesjährigen Herbst-Low-Carb-Phase: 79,2 Kilogramm - nachdem ich am Sonntag die Waage am liebsten aus dem Fenster geworfen hätte, weil sie wahrhaftig 80,5 anzeigte! Da ich am Freitag den Port rausbekommen hatte, bestand möglicherweise ein Zusammenhang damit, daß ich die Nachwirkungen der OP erheblich deutlicher spürte als damals nach dem Einsetzen. Heute, zu Beginn des zweiten von zwei nicht zusammenhängenden Fastentagen diese Woche, wog ich 76,6 Kilogramm. Fast vier Kilo weniger als am Sonntagmorgen, also habe ich der Waage verziehen, denn sie hatte das offenbar nicht so gemeint, wie es angezeigt wurde. Erfahrungsgemäß werden die Ausschläge auf der Waage ab jetzt allerdings erheblich geringer, wie immer, wenn ich auf LC bin. Morgen früh werde ich mit etwas Glück unter 75 Kilo sein - darauf spekuliere ich auch deshalb, weil ich morgen früh mal wieder die Haare schneiden muß, weil sie mir vorne anfangen, in die Augen zu hängen, und überall nicht mehr so toll aussehen. Klingt ein bißchen albern, aber meiner Erfahrung nach machen frisch geschnittene Haare wirklich etwa hundert Gramm hin oder her aus.
Anfang Dezember, nach einer Woche Kohlehydratorgien, also wieder mit normalem Wasserhaushalt, möchte ich gerne bei um die 76 Kilo liegen und dies möglichst auch bis Mitte Januar halten, wenn es in die zweite Low-Carb-Runde geht.
Der Port ist jetzt also raus, alles lief wie am Schnürchen ... und das OP-Team wurde von mir selbstverständlich mit einem großen Glas von meinem Quittengelee beglückt. Ich mochte die OP-Leute in dieser Klinik nämlich vom ersten Mal an, man merkt, daß das Arbeitsklima dort so gut ist, daß dies für ihre Lust, dort zu arbeiten, alle daneben bestehenden strukturellen Streßfaktoren aufwiegt. Also hoffe ich, daß sie sich über mein Quittengelee freuen und es ihnen die Frühstückspause ein bißchen zusätzlich versüßen kann. Auf daß sie weiterhin mit soviel Schwung und guter Laune ihre OP-Patienten versorgen und dadurch, das finde ich ganz ehrlich, die Welt ein bißchen besser machen. :-)
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Meanwhile, in den USA, hat der dortige Gesundheitsminister Kennedy jr., der nebenbei auch eine Menge Blech über Impfungen und Autismus und solchem Kram von sich gibt, immerhin eine sinnvolle Sache angestoßen, nämlich eine Debatte über hochverarbeitete Lebensmittel. In den USA ist ihr Anteil an der Ernährung noch ein gutes Stück höher als bei uns, und ich las einen Artikel, in dem die Mutter eines Kleinkinds sich mit diesem Thema befaßte und dabei behauptete, es sei vom Aufwand wie den Kosten her nahezu ein Ding der Unmöglichkeit, stattdessen ihr Kind Mahlzeiten aus unverarbeiteten zuzubereiten.
*seufz*
Manchmal frage ich mich, wie es mir nur möglich gewesen ist, damals, als mein Kind klein war, so gut wie jeden Abend "richtig" zu kochen. Ich bin kein Fanatiker, der Fertigprodukte aus Prinzipienreiterei überhaupt nicht essen würde, aber die Regel waren und sind sie bei mir nicht, und zwar deshalb, weil mir nur ein Bruchteil der Angebote dieser Art schmeckt.
Was die Kosten betrifft, habe ich verstanden, daß es in den USA anscheinend wirklich teurer ist, frisch zu kochen. Ich nehme an, das hat damit zu tun, daß nur ein winziger Bruchteil der dortigen Landwirtschaft für Direktverbrauch produziert, sondern die landwirtschaftliche Erzeugung sich vor allem am Bedarf der Lebensmittelkonzerne orientiert. Großerzeugung verringert die Preise, Nischenmärkte sind immer teurer. Bei uns geht die Tendenz ja auch in diese Richtung, Hierzulande war es aber, das schrieb ich ja schon mehr als einmal, lange umgekehrt: Kochen habe ich erst so richtig gelernt, als mir aufging, wie viel teurer es ist, eine dreiköpfige Familie mit Fertigprodukten zu ernähren. Ob das jetzt immer noch zutrifft, wage ich nicht einzuschätzen - dazu kenne ich mich mit den Preisen für Fertigprodukten einfach nicht mehr gut genug aus. Ich weiß nicht mal, was man heutzutage für eine Tiefkühlpizza bezahlt.
Die Schwankungen bei den Lebensmittelpreisen haben in den letzten Jahren - schon seit Corona, aber vor allem seit Putin den Krieg gegen die Ukraine angezettelt hat - den manchmal unerklärlichen Ausschlägen auf meiner Waage echte Konkurrenz gemacht. Aber es geht preislich nicht immer nur nach oben. Die zeitweise extrem hohen Preise für Speiseöl und Mehl etwa haben sich längst wieder auf einem Level, das ein bißchen höher als vor der Teuerung ist, normalisiert. Am Samstag hörte ich einen Radiospot, in dem Netto einen Zehnkilosack Kartoffeln für 2,99 anbot. Und das, obwohl noch vor zwei, drei Monaten die Gazetten voll waren mit Warnungen davor, daß unsere Kartoffeln durch irgendeinen neuen Schädling bedroht seien. Was auch immer da dran sein mag, die diesjährige Kartoffelernte ist offenbar ungeachtet dessen ziemlich üppig ausgefallen. Auch im Hofladen sind Kartoffeln nämlich etwas billiger als voriges Jahr, allerdings ist der Preisabstand zu solchen Superdupersonderangeboten im Discounter natürlich erheblich höher geworden. Freilich, wenn ich höre, wie problematisch diese ägyptischen Kartoffeln sind, die den Discountern offenbar die höchsten Gewinnspannen bescheren, zahle ich den Mehrpreis gerne. Wer Cents umdrehen muß, der ist aber in meinen Augen jederzeit entschuldigt, wenn er lieber den günstigen Preis von 30 Cent pro Kilo Kartoffeln bei Netto wählt. Dafür muß er sich ja auch mit einem Zehn-Kilo-Sack abschleppen.
Die Basics fürs Essen sind also im Discounter mittlerweile tatsächlich zu einem großen Teil für weniger Geld als letztes Jahr zu bekommen, das ist für Leute mit wenig Geld eine echte Erleichterung ... sofern sie selbst kochen und vor allem backen. Wer selbst Brot oder Brötchen backt, der spart dann echt eine Menge gegenüber dem Kauf beim Bäcker, denn dort sind die Preise natürlich nicht mehr gesunken. Teuer sind freilich immer noch Milchprodukte und Butter.
Das finde ich auch ganz interessant: Die Hofladenpreise verändern sich immer weniger stark als die der Discounter. In billigeren Zeiten sind sie also sehr viel teurer als die Discounterpreise, in teureren schrumpft der Preisabstand. Bei Milchprodukten, die im Discounter weiterhin sauteuer sind, macht das die Hofläden auch preislich längst konkurrenzfähig, zumal im Vergleich mit dem teureren Markenprodukt, das trotzdem genauso Massenware ist, auch wenn "Dr. Oetker" draufsteht. Wenn ich bei Lidl für einen 200-Gramm-Becher Eigenmarken-Creme fraiche (mit dem bei mir unerwünschten Zusatzstoff Carragene) 1,09 Euro zahle (Kilopreis somit: 5,30 Euro) und im Hofladen für einen 250-Gramm-Becher ohne Carragene 1,60 Euro (Kilopreis: 6,40 Euro) - bei gleicher Haltbarkeit -, dann würde ich auch bei Geldknappheit dieses Produkt nicht im Discounter kaufen.
Auch die Apfelernte muß gut gewesen sein, denn im Hofladen kostet das Kilo dieses Jahr einen Euro weniger als im letzten (die Discounterpreise weiß ich allerdings nicht).
Eine Zehnerpackung Freilandeier Größe L hat sich im Hofladen vor ein paar Monaten um 20 Cent von 4 Euro auf 4.20 Euro verteuert. Aber das sind mir diese Eier wert. Zumal ich bei Spaziergängen aus dem Ort heraus bei den Hühnern vorbeikomme, die diese Eier gelegt haben. Kürzlich wurde ich gefragt, ob ich Interesse daran hätte, angeschlagene Eier dieser Hühner zu bekommen, die zwar frisch sind, aber wegen der Beschädigung nicht in den Verkauf gehen können. Für diese Eier gibt es zwar schon jetzt einige Abnehmer, aber wenn es zu viele auf einmal sind, wird ein Teil offenbar auch einfach weggeschmissen. Das zu verhindern, ist für mich ein genausogroßer Anreiz wie das Angebot, sie kostenlos zu bekommen. Jetzt lasse ich mich mal überraschen, ob irgendwann bei uns vor der Haustür wirklich die angekündigte Ladung unverkäufliche Eier steht und wieviele das dann sein werden. Gerade in der Low-Carb-Phase verwende ich viele Eier, das wäre mir also sehr willkommen.
Unter Umständen fällt - und das würde mich ehrlich freuen - gelegentlich auch eine Rinderzunge für mich ab. Aus irgendwelchen Gründen ist der Markt für diesen Teil des Rinds wohl zu klein für die Zahl der beim Schlachten anfallenden Zungen, was mich auch deshalb erstaunt, weil ich Rinderzunge so leidenschaftlich gerne esse. Falls ich künftig wirklich mit Rinderzungen zugeschüttet werden sollte, komme ich wohl nicht mehr umhin, mir eine Gefriertruhe zuzulegen. Schon jetzt ist mein Gefrierschrank nämlich rappelvoll, und alleine für die Überschüsse aus dem Garten hat er dieses Jahr nur mit Mühe ausgereicht.
Auch Äpfel habe ich diese Woche umsonst pflücken dürfen. Neulich entdeckte ich nämlich außerhalb des Orts einen Apfelbaum, der mich zum Entsetzen meines Mannes zu einem kleinen Mundraub verleitete, weil der Baum nicht den Eindruck machte, als würde er noch abgeerntet. Aber klar, eigentlich tut man so was trotzdem nicht, jedenfalls nicht ungefragt. Der Apfel stellte sich dann als geschmacklich so hervorragend heraus - er erinnerte mich an die tollen Äpfel von dem einen meiner eigenen Apfelbäume -, daß ich mich erkundigt habe, wem dieser Baum gehört, weil ich gerne - diesmal gegen Bezahlung - noch ein paar dieser Äpfel haben wollte. Daraufhin bekam ich das Angebot, mir einfach kostenlos ein paar zu holen. Dafür gibt es zum Dank von mir wohl wenigstens ein Döschen mit selbstgemachtem Quittenbrot für den Eigentümer ... denn erstaunlicherweise kannte dieses Rezept in der Nachbarschaft kaum jemand, als ich neulich mit meiner Errungenschaft in einer kleineren Runde ein bißchen renommieren wollte.
Quittenbrot ist für mich nämlich wirklich eine Entdeckung. Die Konsistenz ist ungefähr die von Geleefrüchten, wie man sie auch im Supermarkt im Süßwarenregal findet, nur schmeckt es viel, viel besser. Eine Frau war prompt so begeistert, daß sie mir meine Produktion abkaufen wollte - ihr habe ich dann die kleinere Menge geschenkt, die übrig war, nachdem meine Blechdose die Runde um den Tisch gemacht hatte. Sie will sich nochmal melden, weil ich ihr stattdessen angeboten habe, von meinem passierten Quittenfruchtfleisch, das ich eingefroren habe, ein oder zwei Beutel zu bekommen. Sie hat das Problem, daß sie aus Altersgründen mit der Verarbeitung der Quitten nicht mehr zurechtkommt. Das kann ich verstehen, denn Quitten sind ganz schön hart und die 60 Kilo, die ich verarbeiten mußte, alleine nur kleinzukriegen, war echt harte Arbeit. Da ich kiloweise passiertes Fruchtfleisch eingefroren habe, kann ich selbstverständlich ein oder zwei Beutel davon entbehren, und natürlich verschenke ich sie dann einfach.
Der kostenlose Segen aus dem eigenen Garten vermehrt sich aber interessanterweise gerade dann manchmal doch auf besonders erfreuliche Weise, wenn man ihn teilt. Für die eine Flasche Quittensaft, die ich verschenkt hatte, bekam ich als Gegengeschenk einen großen Beutel Walnüsse vom eigenen Baum der Schenkenden, und das ist schön, weil ich keinen Walnußbaum habe und es auch nicht riskieren würde, einen zu pflanzen, denn Walnußbäume stehen in dem Ruf, Wurzeln mit viel krimineller Energie zu haben, die schlimmstenfalls auch die Fundamente von Wohnhäusern beschädigen können.
Mir gefallen diese informellen Tauschgeschäfte sehr, bei denen niemand den Wert der Geschenke und Gegengeschenke gegeneinander aufrechnet, sondern einfach der Überfluß des einen ohne viel Theater bei einem anderen landen kann, der oft wiederum einen Überfluß an etwas anderem hat, von dem er auch gerne etwas abgibt, weil niemand sich mit dem Gedanken abfinden mag, daß die Sachen verderben, weil sie einem zu viel sind. Auf diese Weise relativieren sich auch die hohen Lebensmittelpreise jedenfalls dann, wenn man auf dem Dorf wohnt. Im Prinzip wußte ich das schon, als ich noch in der Stadt wohnte, aber wie befriedigend sich das anfühlt, habe ich vor einem Jahr noch nicht geahnt.
Alleine dafür, daß hier solche Dinge wie Geben und Nehmen noch so simpel sind, hat sich unser Umzug aufs Dorf gelohnt. In Städten funktioniert so etwas nur, wenn es institutionalisiert wirde, etwa durch die Einrichtung der Tafeln oder anderer karitativer Einrichtungen. Informellere Wege werden nicht ermutigt, im Gegenteil. Foodsharing scheint dermaßen reguliert zu sein, daß ich mich an so etwas nur beteiligen würde, wenn ich eine gute Haftpflichtversicherung habe. Und wenn man eine "Zu verschenken"-Kiste vors Haus stellt, können drastische Bußgelder verhängt werden. Es ist also kein Wunder, daß Armut in Städten nochmal etwas anderes bedeutet als in einem Dorf. Die Sache mit dem gesunden Essen ist in einem Dorf auch für Menschen mit wenig Geld um einiges einfacher hinzukriegen, weil es da auch einfach von Einzelperson zu Einzelperson gehen kann. Und natürlich hilft es noch mehr, wenn man außerdem ein kleines eigenes Gärtchen hat.
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Ein vielleicht schockierendes Geständnis: Es gab mal eine Zeit, da dachte ich ernsthaft darüber nach, die AfD zu wählen. Zu meiner Verteidigung kann ich allenfalls vorbringen, daß das noch vor der Flüchtlingskrise von 2015 gewesen ist. Damals trat die AfD vor allem mit EU-Kritik auf, und an ihr hatte und habe ich viel zu kritisieren, auch wenn ich sie andererseits für unverzichtbar halte. Das Problem ist, daß die bestehenden Strukturen an denselben Grundfehlern kranken, die auch die Bundesregierung aufweist, nur betreffen die Folgen dann alle EU-Länder auf einmal und potenzieren die Folgen, wenn es schlecht durchdachte oder auch durch die Unzahl an Lobbyvertretern in Brüssel beeinflußte EU-Regelungen gibt. Daneben bekommen die Bürger von neuen Vorhaben und deren Wirkungen viel weniger mit als von Gesetzgebungsverfahren auf nationaler Ebene - es sei denn, sie haben erkennbares Aufregerpotential. Das heißt, Regelungen, die ungute Wirkungen haben, bekommt man oft erst mit, wenn sie längst umgesetzt sind. Dazu fällt mir immer als erstes die Sache mit den Schlachthöfen ein. EU-Regelungen haben dazu geführt, daß viele kleinere Schlachthöfe die Meßlatte zu hoch war und sie aufgeben mußten. Als Folge wurden die großen Schlachthöfe immer größer, und im Endeffekt hatte das auch die Wirkung, daß auch die "Fleischfabriken" der Großerzeuger davon begünstigt wurden, weil es für kleinere Landwirte teilweise zu umständlich wurde. Mittlerweile ist man bei der EU offenbar ein bißchen zurückgerudert, aber die zerstörten Strukturen bildeten sich deshalb natürlich nicht spontan sofort wieder neu.
Seit die AfD Ausländerfeindlichkeit zu ihrem Markenkern gemacht hat, kommt sie für mich sowieso nicht mehr in Frage, und auch ihre Lösungsvorstellungen zur EU halte ich nicht für die richtigen, aber das Problem, das mich damals mit ihr liebäugeln ließ, finde ich nach wie vor relevant.
Immer mehr komme ich zu dem Schluß, daß mit dem kompletten aktuellen Parteienspektrum kein Blumentopf mehr zu gewinnen ist und daß diese Parteien außerdem strukturell unreformierbar sind, weil ihre internen Aufstiegsvoraussetzungen unweigerlich immer die charakterlich Ungeeignetsten, die Ehrgeizigen und Skrupellosen, an die Spitze bringen. Denen wird dann das Gemeinwohl anvertraut. Das kann im Grunde nur schiefgehen. Man braucht sich ja nur die SPD und ihren Umgang der letzten zwanzig Jahre mit ihrer vorherigen Stammwählerschaft anzuschauen, sich an das Kasperletheater in der Ampel zu erinnern, mit dem die FDP ihre eigene Wichtigkeit beweisen wollte (mit dem Ergebnis, daß sie aus dem Bundestag flog), und sich anhören, was für Themen die CDU im Moment für vordringlich hält. Es ist ein Trauerspiel.
Was wir bräuchten, wäre entweder eine ganz neue Partei oder, und das wäre wahrscheinlich noch sehr viel besser: eine überparteiliche Bürgerbewegung als eine Art "Anti-Parteien-Partei". Parteilose liegen nämlich anscheinend ausgerechnet im Osten mittlerweile mehr im Trend als die AfD, jedenfalls wenn es um Bürgermeisterwahlen geht. Interessant daran finde ich, daß die AfD offenbar als mittlerweile im Osten gewohnt gewordener Bestandteil des Politikbetriebs also unattraktiver geworden ist und man ihr zwar häufiger als den anderen Parteien, aber seltener als Parteilosen zutraut, die realen Probleme vor Ort lösen zu können. Auf Bundesebene ist das vermutlich ein wenig komplizierter, aber da die Leute vor lauter Verzweiflung ja immer wieder auch auch reine Quatschparteien wählen (etwa die Fünfsternepartei in Italien, auch die Erfolge der Satirepartei "Die PARTEI" bei den Europawahlen gehören dazu), wäre ein ernst gemeinter Versuch mit ernstzunehmenden Kandidaten wohl nicht von vornherein chancenlos.
Auf Bluesky las ich den Vorschlag "Die Starken" als Name für eine neue Partei, zu der einige interessante (und daneben auch ein paar ziemlich abwegige) Gedanken geäußert wurden. Aber wer könnte eine Partei mit diesem Namen für seriös halten? Tauglich wäre so etwas allenfalls, um im Kreis der Wahlberechtigten, die auch unseriöse Parteien zu wählen bereit sind, die AfD zu kannibalisieren. Regiert werden möchte ich von einer Partei mit einem so verdächtigen Namen ausdrücklich nicht. Stärke muß man zwischen den Zeilen vermitteln, nicht pausenlos herumschreien "Schaut her, wie stark ich bin", denn das weckt im Gegenteil eher den Verdacht, das Gegenteil des Behaupteten könnte zutreffen.
Aber immerhin hat mich das dazu inspiriert, über einen Namen für meine eigene politische Kopfgeburt nachzusinnen. Wer als neue Partei konstruktive Politik machen will, sollte sich einen Namen geben, der das widerspiegelt. Der Name sollte keiner der aktuell bestehenden politischen Parteien zu sehr ähneln. Und wenn es keine Partei im klassischen Sinne ist, müßte sich das im Namen ebenfalls widerspiegeln - und, daran liegt mir auch sehr, es sollte sich daraus um Gottes willen kein neckisches Akronym ergeben. Die Aufgaben, um die es geht, sind weder niedlich noch lächerlich, und dies sollte sich auch in einer seriösen Bezeichnung ohne Quatschfaktor ausdrücken. Angelehnt an Frau Merkels wunderbaren Satz "Wir schaffen das" (der als Name freilich nicht in Frage käme, weil er ein zu umfassendes Versprechen gibt) fände ich den Namen "Wir packen das an" mit dem Untertitel "parteiübergreifendes Bürgerbündnis" besonders gut.
Denn ich bin außerdem der Meinung, dieses Bündnis sollte Mitgliedern aller Parteien offenstehen, sofern sie sich mit bestimmten Zielen und bei deren Verfolgung einzuhaltenden Grundwerten einig wissen. In diesem Fall wäre so eine Liste bei der nächsten Bundestagswahl im Idealfall ein Sammelbecken für alle, die mit einem Schuß Idealismus konstruktiv politisch arbeiten möchten, aber in ihrer Partei damit ständig gegen die Wand laufen. Wichtig wäre es außerdem, den Grundfehler zu vermeiden, den die Piratenpartei gemacht hat. Sie hat es nämlich versäumt, ein paar Grundlinien festzulegen, zu denen ihr Parteiprogramm passen muß. Als Folge wurden dann, als der Berliner Wahlerfolg ihr eine Flut von Parteieintritten von Glücksrittern und Wirrköpfen aller Couleur verschafft hatte, das Parteiprogramm durch die sich sofort bildenden Abstimmungsseilschaften derjenigen dominiert, die mit solchen Übungen schon Erfahrung hatten.
Was mir außerdem gefallen würde, wäre die Entwicklung einer Computersimulation der Wirkungen und Nebenwirkungen zentraler Maßnahmen. Also zum Beispiel: Wie verändert die Einführung der von der aktuellen Regierung geplanten Mütterrente voraussichtlich die Zahl der Rentnerinnen, die Grundsicherung in Anspruch nehmen müssen, und bei welchen Kosten für den Steuerzahler? Die Datenbasis für solche Simulationen sollte ja für viele Fragen vorhanden sein, und auch, wenn nie alle Nebenwirkungen vorausgesehen werden können, würde es vielleicht den Blickwinkel der Wähler auf so manche politische Forderung verändern.
Eigentlich ist es komisch, daß noch nie jemand auf diese Idee gekommen zu sein scheint. Für gut gemachte Strategiespiele opfern viele Computerspielfans viel Freizeit, und viele von ihnen sind ja komplex genug, um erwarten zu können, daß auch so ein "Wir basteln eine Regierungspolitik"-Simulationsprogramm auch tatsächlich genutzt werden müßte.
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